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The Deep / Regie und Drehbuch: Baltasar Kormákur. Darst.: Ólafur Darri Ólafsson: […]

Heimaey (Westmännerinseln), Island, 1984. Gulli und fünf weitere Fischer fahren nach einer durchfeierten Nacht hinaus aufs Meer zum Fischefangen. Weit vor der Küste der Insel bleibt ihr Netz an einem Stein hängen und das Schiff kentert so schnell, dass kein Notruf mehr angesendet werden, geschweige denn das Rettungsboot klargenacht werden kann. Alle Männer landen in der mit 5 °C eiskalten See.

Trotzdem Gulli versucht, den anderen zu helfen, sterben sie nacheinander. Nur der relativ unsportliche, korpulente Gulli bleibt übrig und kämpft sich – lediglich bekleidet mit Hemd und Jeans – durch die See. Nach sechs Stunden erreicht er ausgerechnet den unwirtlichsten Küstenabschnitt von Heiamey, springt noch einmal ins Wasser und schafft es endlich hinauf an Land. Über scharfkantige Lavafelder schafft er es endlich in die Stadt. Mit einer unter 34 °C liegenden Körpertemeratur wird er ins Krankenhaus gebracht und erregt mit seiner Rettung landesweite Aufmerksamkeit.

Durch ein Interview im Fernsehen werden Wissenschaftler auf ihn aufmerksam: bis nach London reist Gulli, um die Bedingungen seines Überlebens untersuchen zu lassen. Doch noch bevor die Untersuchungen abgeschlossen sind, kehrt er nach Heimaey zurück, kümmert sich um Familie und Freunde und beschliesst, wieder als Fischer zu arbeiten.

Baltasar Kormákurs fast schon kammerspielartiger Film basiert auf der wahren Geschichte von Guðlaugur Friðþórsson, der 1984 unter den in Film geschilderten Umständen überlebte und dessen Überleben auf die Stärke seiner subkutanen Fettschichten, aber auch auf andere, nicht erforschte körperlich Besonderheiten und auf seine mentale Stärke zurückgeführt wurde.

Der für seine ungewöhnlichen Filme bekannte Regisseur stellt seine Hauptfigur ganz in den Fokus des Films und schafft so eine tief berührende und doch still und unspektakulär erzählte Geschichte vom existentiellen Überlebenskampf eines Fischers, der trotz der landesweiten Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Forschung seine Bescheidenheit behält. Kormákurs Fischer Gulli kämpft sich mit fast schon stoischer Gelassenheit durch die Wogen und rettet sich vor der Verzweiflung durch Rückblenden in das eigene Leben, den Kontakt mit einer Möwe und den tiefen Wunsch, wenigstens ncoh eine kurze Zeit an Land bei den Menschen sein zu können, die ihm etwas bedeuten.

Geschickt formt Kormákur so aus der Geschichte vom aussergewöhlichen Überleben eines einfachen Fischers eine Erzählung über das buchstäbliche nackte Überleben im Angesicht der Elemente und erzeugt so ein fast schon archaisch-einfach anmutendes Bild im Zuschauer darüber, was im Leben eigentlich wirklich zählt. Lässt er Gulli im ersten Teil noch die Nacht durchfeiern mit seinen Freunden und bekannten und macht ihn so als Menschen lebendig, zeigt er im zweiten Teil in ausdrucksstark-düsteren Bildern seinen Überlebenskampf und den eisigen Tod seiner Gefährten, um im kurzen dritten Teil Gullis Status als Nationalheld in den Fopkus zu nehmen. Kormákur schafft dabei Bilder von geradezu hypnotischer Wirkung, verzichtet auf jegliche hektische Action und lässt dem Zuschauer Zeit, die Bilder und die Geschichte ganz in sich aufzunehmen.

Ólafur Darri Ólafsson, der Gulli im Film regelrecht verkörpert und dem realen Vorbild physiognomisch sehr nahekommt, zeigt ein wunderbar subtiles Spiel ohne jegliche Effekthascherei und ohne Pathos, was erheblich zur Wirkung des Films beiträgt. Im Abspann sind dann Originalaufnahmen von Guðlaugur Friðþórsson zu sehen, der 1984 vom isländischen Fernsehen interviewt wurde.

Ein beeidruckendes Filmerlebnis, das ich jedem nur ans Herz legen kann.

4 Kommentare zu “The Deep / Regie und Drehbuch: Baltasar Kormákur. Darst.: Ólafur Darri Ólafsson: […]

  1. Der Film hat mir auch sehr gut gefallen, zumal er sehr eindrucksvoll zeigt, wie spannend und beklemmend ein „Katastrophenfilm“ sein kann, wenn er ohne Effekthascherei auskommt. Auch wusste ich vorher lediglich, dass eine wahre Geschichte ist und einen Überlebenden geben wird, aber die folgenden wissenschaftlichen Untersuchungen etc. kamen sehr überraschend. Deiner Empfehlung kann ich mich jedenfalls nur anschließen.

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    • Ja, durch den Verzicht auf die üblichen Katastrophenfilmeffekte konzentriert sich der Film ganz auf den Menschen im Mittelpunkt der Geschichte und seine Einsamkeit und Ohnmacht im Angesicht der Naturgewalten …

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