Eine Band, die nach einer Textzeile aus einem Song von Lou Reed benannt wurde, muss ja zwangsläufig Neugier wecken, wenn man sie wie ich bisher gar nicht kannte, obwohl es sie schon seit den 1980er Jahren gibt. Die Schottisch-irische Folkrockband The Waterboys scheint trotz dieser langen Geschichte auch hierzulande bisher nur einer kleinen Fangemeinde bekannt zu sein und eher in kleinen Clubs aufzutreten, während sie es im United Kingdom trotz bewegter Bandgeschichte immerhin zu einigen Chartplatzierungen und Auftritten beim Glastonbury Festival schaffte und zur Vorgruppe unter anderem von U2 und den Pretenders.
Vor kurzem gelangte das im Januar erschienene Album „Modern Blues“ auf mein Medienradar: seither steuere ich es immer wieder an. Einzige personelle Konstante der 1983 gegründeten Band ist der Bandleader, Sänger und Gitarrist Mike Scott (*1958). Mit dem aktuellen Album liefert er feinen, melancholisch gefärbten Folkrock: neun Songs, die Geschichten erzählen von Liebe, Rastlosigkeit und Sehnsucht und ausgesprochen poetisch getextet. dominiert von e-Gitarre und Hammondorgel trägt Scott sie mit seiner leicht angerauten Stimme vor. Schon der Opener „Destinies entwined“ über eine verblassende Liebe zieht einen mit seinem sich stetig steigernden Gitarren. mit “ November Tale“ folgt dann mein derzeitiges Lieblingslied, eine melancholisch-virtuose, mit Streichern angereicherte Ballade über zwei Menschen, die sich einmal geliebt haben, einander nach 27 Jahren wieder begegnen. Mit dem rockigen „Still A Freak“ setzt Songschreiber Scott dann einen trotzigen Kontrapunkt zum fortgeschrittenen Alter, um mit dem getragenen, sich sanft steigernden „I Can See Elvis“ dem Sentiment der Erinnerung nachzugeben und es mit einen musikalisch-fiktionalen Raum auszustatten.
Fazit: ein ausgesprochen lebendiges Folkrockalbum aus einem Guss, bestens instrumentiert und mit echten Songwriterqualitäten. Anspieltipp ist mein derzeitiger Lieblingssong „November Tsles“. Das ganze lässt sich aber auch gut an einem Stück durchhören – wahlweise an einem Sommerabend am Hamburger Elbstrand mit einer Buddel kühlem Elbpaul in der Hand oder am Steuer eines
hellresedagrünen angerosteten 1970er Landrovers, durch die schottischen Highlands kurvend mit nichts im Kofferraum außer einem Zelt, Haferflocken und einer Zahnbürste.
Übrigens kommen die Waterboys im September nach Deutschland. Auch nach Hamburg. Eine Gelegenheit also.