Gastrezension von Volker Schönenberger (Blog:„Die Nacht der lebenden Texte“
„Übernachtung bei Tante Thea“: Fräulein Schmalzbrot ist ungehalten: Weil Mama und Papa zu Hause renovieren wollen, müssen das Mädchen und seine kleine Schwester Billie Ballonfahrer bei Tante Thea schlafen – und das am Samstag. Unerhört! Am Ende darf man als Kind bei Tante Thea vielleicht nicht mal vor dem Fernseher Schokolade naschen?! Fräulein Schmalzbrot verfällt auf eine List: Billie soll eine Allergie vortäuschen, zum Beispiel gegen die vielen Blumen von Tante Thea. Dann müssen Mama und Papa die beiden abholen. Billie niest auch nach Herzenslust, aber Tante Thea stellt ihre Hortensien einfach auf den Balkon.
Ist Billie gegen Tante Theas Hortensien allergisch?
Auch Angst vor einem Gecko und Allergie gegen Tomatensauce helfen nicht – gegen diese Allergie hat Tante Thea ein schokoladiges Medikament auf Lager. Klar, dass Fräulein Schmalzbrot und Billie am Ende doch gern bei Tante Thea bleiben. Nur eine von 14 ebenso lebensnah formulierten wie fantasievollen Geschichten aus „Fräulein Schmalzbrot und Billie Ballonfahrer“, dem schriftstellerischen Debüt der Hamburger Psychologin, Buchhändlerin und nun ganz frisch also auch Autorin Rieke Patwardhan.
Mit 16 Illustrationen von Nina Dulleck
Von der erfahrenen Illustratorin Nina Dulleck mit 16 Motiven zauberhaft bebildert, deckt das Buch durchaus eine Lücke ab – der inhaltliche Fokus liegt ausdrücklich auf den Erlebnissen von Geschwisterkindern. Die Vorlesegeschichten für große und kleine Geschwister haben meinen siebenjährigen Zwillingstöchtern ausgesprochen gut gefallen. Das Kindergarten- und spätere Schulkind Fräulein Schmalzbrot und seine kleine Schwester Billie Ballonfahrer schließt man schnell ins Herz. Auch vorlesende Eltern werden sich einige Schmunzler nicht verkneifen können.
Fräulein Gummibärchen wäre auch schön gewesen
Fräulein Schmalzbrot und Billie Ballonfahrer – was sind das eigentlich für Namen? In der „Billies Ballonfahrt“ betitelten ersten Geschichte erfahren wir, dass die Mutter der beiden in ihrer ersten Schwangerschaft ganz viele Schmalzbrote verschlungen hat. Lieber hätte Fräulein Schmalzbrot zwar Fräulein Gummibärchen geheißen, aber man kann ja nicht alles haben. Es ist ohnehin nicht sein echter Name, aber geliebte Kinder haben eben viele Namen.
In besagter erster Geschichte kommt auch die kleine Schwester auf die Welt. Fräulein Schmalzbrot liebt Billie Ballonfahrer zwar sofort, aber Mama und Papa sind auf einmal so komisch: Sie schimpfen viel und schreien sogar, dass es gar nicht mehr gemütlich ist. Deshalb will Fräulein Schmalzbrot ihre kleine Schwester auf eine Reise schicken – nur für eine Woche vielleicht. Einer der Luftballons vom letzten Volksfest soll dazu beitragen.
Eine glückliche Familie
Die Autorin Rieke hat ihr Debüt ihren zwei Töchtern gewidmet. Da liegt der Verdacht nahe, dass sie die eine oder andere Anekdote aus dem eigenen Familienleben gegriffen hat. Auch Erzählungen anderer Eltern aus dem Freundeskreis mögen sie inspiriert haben. So oder so überzeugt auch die Länge der einzelnen Geschichten. Die „Noch eine!“-Forderung vor dem Einschlafen ist programmiert, aber das macht auch nichts, weil man problemlos eine Geschichte hinterherschieben kann. Kein Grund für ein schlechtes Gewissen also, weil man sich wieder einmal hat breitschlagen lassen!
Die eine meiner Töchter mag das Allergie-Abenteuer bei Tante Thea am liebsten, Favorit der anderen ist „Fräulein Schmalzbrot, Billie Ballonfahrer und die Schnullerfee“. Darin hat Billie Ballonfahrer keine Lust, auf ihre Schnuller zu verzichten, aber Fräulein Schmalzbrot gelingt es ganz allein, ihr diese abzugewöhnen.
Vor Zombies haben Kinder Angst
In einer weiteren Geschichte erfahren wir, was Mädchen tun können, wenn ihre kleinen Schwestern immer die gleichen Klamotten anziehen wollen wie sie. Andere Episoden handeln davon, dass man sich im Wald nicht nur gut, sondern auch elendig die Füße vertreten kann und es vielleicht doch nicht so toll wie erhofft ist, mal ohne die große Schwester allein mit den Eltern zu sein. Sogar Zombies kommen vor, zwar nur in der Einbildung, aber dennoch zu einem überfüllten Elternbett führend.
Man nimmt der Autorin die kindlichen Gedankengänge jederzeit ab. Sicher, ich bin etwas subjektiv, weil ich Rieke persönlich kenne, meine Töchter sind in diesem Fall aber die schärferen Kritikerinnen – und sie sind wie erwähnt sehr angetan. Daher werde ich „Fräulein Schmalzbrot und Billie Ballonfahrer“ zweifellos immer wieder gern zum Vorlesen hervorholen – vermutlich sogar hervorholen müssen. Es ist für Kinder ab fünf Jahren sehr gut geeignet. Und wer weiß? Nach dem ersten Schuljahr will ein Kind es womöglich dem Geschwisterchen gern selbst vorlesen.
Das Buch kann direkt beim Knesebeck Verlag bestellt werden.
Autorin: Rieke Patwardhan
Illustratorin: Nina Dulleck
Deutsche Erstveröffentlichung: 20. August 2015
Altersempfehlung: ab 5 Jahre
112 Seiten mit 16 farbigen Abbildungen
Verlag: Knesebeck Verlag
Preis: 12,95 Euro
Copyright 2015 by Volker Schönenberger
Cover & Abbildungen: © Knesebeck Verlag
was für entzückende Illustrationen, toll :-D, Danke für den Tip
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Gern geschehen. Zu danken ist aber vor allem dem Gastrezensenten Volker Schönenberger, der seine Rezension freundlicherweise meinem bescheidenen Medienblog zur Verfügung stellte.
Herzlich grüsst Dich
Jarg
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