Die größte Kunst ist, den Kleinen alles, was sie tun oder lernen sollen, zum Spiel und Zeitvertreib zu machen.
Quelle: John Locke, Gedanken über Erziehung IV,63
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Die größte Kunst ist, den Kleinen alles, was sie tun oder lernen sollen, zum Spiel und Zeitvertreib zu machen.
Quelle: John Locke, Gedanken über Erziehung IV,63
Gerade heute berührt mich dieses Zitat. Wie weit sind wir entfernt von Freude am Lernen, wenn es haufenweise Tests zur Feststellung der kognitiven Kompetenzen gibt, aber keinerlei Bemühungen stattfinden, um die Motivation zu stärken? Bereits ab Elementarbereich wird beobachtet und erarbeitet, ob das Kind später nahtlos in das Stadium des „homo oekonomikus“ übergehen wird. Dabei wird das Lernen nicht mehr als eine Tätigkeit gesehen, die das Individuum bereichern kann, sondern nur noch als eine Pflicht, die zur „Eingliederung“ in eine Gesellschaft von Funktionsträgern dient. Manchmal, wenn ich mich mit Bildungspolitik befasse, frage ich mich, ob wir nicht eine ganz subtile und sehr gewalttätige Form der Kinderarbeit im eigenen Land praktizieren, indem wir unseren Kindern Ziele vorgeben, die ausschließlich leistungsorientiert sind. Bildung bedeutet, der Mensch bildet, formt sich. Kompetenzerwerb bedeutet, er passt später reibungslos ins System. Und die frommen Forderungen nach Inklusion, Resilienz etc. bestehen nur auf dem Papier, denn de facto sind die Bedingungen des Bildungssystems nicht pro Kindheit (im Sinne von Entwicklungschancen) gestaltet.
Einen schönen Freitag!
Stefanie
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Guten Morgen Stefanie,
ja, leider muss man den Eindruck haben, dass Schule nur noch für den Arbeitsmarkt fit machen soll und sich die natürliche Neugier von Kindern im weiteren Schulverlauf immer weiter abbaut. Und zugleich wird Schule nicht selten zum gesellschaftlichen Reparaturbetrieb für Kinder, denen auch familiär der Rückhalt fehlt – entweder, weil die karriere- und selbstverwirklichungsbezogenen wohlhabenderen Eltern stets damit beschäftigt sind, die Kinder wegzuorganisieren, oder weil Eltern, die sich mit schlecht bezahlten, wenig wertgeschätzten Jobs durchschlagen, einfach zu erschöpft sind, um ihren Kindern eine Basis zu geben. Wie soll Schule ausgleichen, wenn Kinder sich erkennbar in unserer nur noch für Erwachsene zugerichteten Welt verloren fühlen?
Oft zählen nur noch Fakten. Aber die kindliche Neugier, das spielerischen Entdecken, Erforschen gehen verloren – ebenso wie das Miteinander. So kommen wir zu lauter Einzelkämpfern, die zwanzig Jahre später langsam in ihren hochverdichteten Jobs ausbrennen und ihre müden Kinder gefrustet mit dem SUV zur Schule brettern, wo der Kreis sich schliesst.
Zum Glück gibt es immer wieder Lehrer, Schulen, Eltern, die dagegen anrennen. Aber es ist mühsam und ermüdend.
Trotzdem: einen zauberhaften Freitag auch dir und ein schönes Wochenende!
Jarg
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