Bayern, tiefste Provinz, Anfang der 1980er Jahre: eine Gruppe von Berliner Baghwan-Anhängern zieht auf einen heruntergekommenen Bauernhof, um dort ein Therapiezentrum zu eröffnen. Geerbt hat den Bauernhof Siddharta. Er ist mit Amrita zusammen, die in die Kommune ihre Kinder mitbringt: die zwölfjährige Lili und den neunjährigen Fabian. Die Sannyasin-Kommune stösst mit ihrer orangenen Kleidung, ihrer Freizügigkeit und ihren exotischen Ritualen in dem erzkonservativen Dorf auf Mißstrauen und Ablehnung. Während die Erwachsenen sich ganz ihrer Selbstfindung widmen, leidet besonders Lili, die durch den Umzug alle ihre Freunde verloren hat, unter der Ausgrenzung. Sie beginnt ein Doppelleben ausserhalb der Wohngemeinschaft und versucht bis hin zur Kleidung alles, um in die Dorf- und Kindergemeinschaft aufgenommen zu werden.
Amrita merkt von Lilis Problemen nichts und lebt wie die anderen Erwachsenen weiter in Abgrenzung von der Dorfgemeinschaft ihren Selbstfindungstrip aus. Als sie sich in den Baghwan-Vertrauten und Bramanen Prem verguckt und sich zwischen der Sannyasin Leela und dem örtlichen Postboten leidenschaftliche Gefühle entwickeln, kommt es zu unerwarteten Eifersüchteleien in der Kommune.
Auch das Dorffest, auf das die durch Vermittlung des Postboten in einer Blasmusikkapelle spielende Lili alle Hoffnungen gesetzt hat, eskaliert in einer zünftigen Massenkeilerei.
Doch das ist noch nicht alles: als Amrita ankündigt, mit Prem die neue Kommune in Oregon aufzubauen und die Kinder nach England zu schicken, dreht Lili durch und flieht zur einfühlsamen Frau des Bürgermeisters. Der wittert widerum seine Chance, denn mit der Kommune hat er noch eine Rechnung offen …
Marcus H. Rosenmüller ist eine wunderbare Sommerkomödie gelungen, die mit feinem Spott sowohl die spiessigen Dorfbewohner als auch die selbstfindungsvergessenen Sannyasins aufs Korn nimmt, ohne seine Protagonisten je lächerlich zu machen. „Sommer in Orange“ wird dabei zur Zeitreise in die Provinz- und Vorstellungswelt der 80er Jahre und persifliert mit großem Gespür fürs Detail überkommene Dörflerrituale und -auffassungen ebenso wie obskure Sektenrituale. Durch den Fokus auf Lili wirft der Film einen kindlichen Blick auf die Erwachsenenwelt, was erheblich zur Leichtigkeit des Films beiträgt: er entlarvt die Spiessigkeit und Bigotterie auf beiden Seiten, was letztlich nahezu zwingend auf das versöhnliche Ende führen muss.
Hervorragende Besetzung, wunderbar kauzig und skurril gezeichnete Figuren, intelligent aufgebaut und bei aller sommerlichen Komödienfrische nicht ohne eine gewisse Tiefe, ist „Sommer in Orange“ der passende Film für einen dieser derzeit öfter verregneten Sommerabende, am besten mit einem guten Rosé zu vergleichen und zu geniessen.
Startseite » Scheibenwelt » Film » Sommer in Orange / Regie: Marcus H. Rosenmüller. Darst.: Amber Bongard; Béla Baumann; Petra Schmidt-Schaller; Georg Friedrich; Oliver Korritke …
Gestern gesehen.Einfach göttlich:)
LikeLike
Unbedingt! 🙂
LikeLike
Das ist aber schön. Heute auch auf meinem Blog.
Der Sommer verbindet1
LikeLike
So ist es – ein richtiger Sommerzufall!
Sonnige Grüsse aus dem Norden ins schöne Ulm von
Jarg
LikeLike