Es war klar, dass es so kommen musste. Die Kinder werden ihren Husten seit Wochen nicht los, selbst die gesundheitlich eher robuste Liebste jongliert mit Wärmflaschen, Halswickeln, und allerlei von mir bekanntermaßen mehr als skeptisch betrachteten Kügelchen und auch das Pferd soll eine rechte Rotznase, aber kein hufgeeignetes Taschentuch haben. Seit einer Woche hat es nun mich im Griff: infernalischer Husten, der an die Geräuschkulisse mittelalterlicher Siechenhäuser erinnert, eine Stimme wie ein Reibeisen und eine eher schwächliche, zu spontanem Erschöpfungsschlaf disponierte Konstitution, die mich derzeit sogar vom geliebten morgendlichen Bodyweigth- und Kleingerätetraining abhält – zu Freude der Liebsten, weil ich dann nicht morgens störend in der Küche zwischen Spüle und Arbeitsplatte schwitzend im Weg herumhänge oder wieder die Hanteln im Weg herumliegen.
Auch Lesen zur Ablenkung war in den letzten Tagen kaum möglich, da zum einen die bleierne Müdigkeit, bedingt durch nächtliche Hustenanfälle, nicht gerade lesefreudenförderlich ist und es sich andererseits als nahezu unmöglich erwies, die Synchronität vom Halten eines schweren Hardcovers (derzeitige Lektüre: Alpha & Omega: Apokalypse für Anfänger von Markus Orths), Hustenanfällen und permanentem Naseschnäuzen dauerhaft physisch durchzuhalten – irgendwie fehlte dazu die dritte Hand, die mir partout nicht wachsen wollte, was ja evolutionsbiologisch betrachtet auch gar nicht anders zu erwarten ist.
Natürlich hat das ganze auch seine guten Seiten: wann bekam die Nase, durch die gefühlt derzeit mindestens die Hälfte meines übernächtigten Hirns abgeht, je so viel Aufmerksamkeit, dass sie schon ganz rot wird und mir überdies auch eine Sichtbarkeit im Dunkeln gewährleistet, die zu dieser Jahreszeit nicht zu unterschätzen ist? Dazu kommen Hustenanfälle mit Horrorpotential, denken doch umstehende sofort an Quarantäne oder Notschlachtung. Und natürlich ist es Balsam für die erkältungsgeplagte Seele, wenn eine Kundin am Ende des Telefongesprächs ausdrücklich auf die schöne „Telefonstimme“ hinweist: da scheint noch Potential zu liegen und die mögliche Karriere als sonore Navistimme oder Flughafenansage nicht ganz ausgeschlossen. Andere brauchen Jahre ungebremsten Zigaretten- und Whiskeykonsums, um so weit zu kommen!
Entschieden möchte ich aber dem Gerücht entgegentreten, dass die komplizierte Mechanik unseres Designersofas, erstanden in jenen fernen Singlejahren, durch einen auch von Seismologen registrierten Nieser von mir zerstört wurde – weshalb wir jetzt ein neues Sofa brauchen. Hier dürften auch die Kletterkünste unserer Zwillinge zum Verschleiss beigetragen haben, ohne hier eine Schuldfrage aufwerfen zu wollen. Verschleiss ist schliesslich überall und bekanntlich ist die Konstruktion des Lebens auf diesem Planeten trotz 3,5 Mrd. Jahren Forschung und Entwicklung nicht perfekt, sondern nur genug. Genug zum Überleben.
Dummerweise kann man als überzeugter Atheist natürlich wieder niemanden verantwortlich machen. Selbst wenn Philae auf 67P/Tschurjumow-Gerassimenko („Tschuri“) Aminosäuren und damit Bausteine des Lebens entdecken sollte, was einigermaßen faszinierend wäre, wird es natürlich schwierig mit dem Nachweis, dass Kometen auch Aminosäuren auf die junge Erde mitgebracht haben könnten, die den Virenbau begünstigten. Einfach zu lange her: die Garantie für die ersten lebenden Zellen ist längst abgelaufen und das Produkthaftungsgsetz galt noch nicht. Und wahrscheinlich nutzt es auch nicht, Tschuri mit der Botschaft in den Keupergürtel zu schicken, dass seine Kumpels dort vor 3,5 Milliarden Jahren einige Aminosäuren auch ruhig hätten behalten können. Haben sie nicht. Und Kometen reden bekanntlich auch wenig, sondern sausen als große grausam-schöne Eisbrocken durch unser unbedeutendes Sonnensystem.
Unbedeutend. Wahrscheinlich ist das der Schlüssel. Einfach die Viren nicht beachten, auch wenn einen wieder ein Hustenanfall in die Knie zwingt und die Zwillinge fluchtartig das von deprimierenden Geräuschen angefüllte Wohnzimmer verlassen. So ein Virus, der will ja einfach nur Aufmerksamkeit. Hat wahrscheinlich ADHS, wie man das heute nennt, weil man mit dem Bewegungsdrang einiger Kinder in einer asphaltierten, medial überreizten Selbstoptimierungsgesellschaft nichts mehr anfangen kann. Kann auch nicht reden, sich ohne uns nicht vermehren und so. Also geniesse ich jetzt einfach mal, dass ich wie Lee Marvin klinge. Und gehe Taschentücher kaufen – die sind merkwürdigerweise schon wieder alle.
Eine Erkältung die so schöne Früchte trägt muss doch einen evolutionären Sinn haben. Bisher hatte ich das immer stark bezweifelt, nun bin ich überzeugt. Danke für ein immunsystemstärkenden Humor in dieser naturlichtscheuen Zeit & gute Besserung 😉
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Danke für das Kompliment, das mit jedem Husten (und dem dazugehörigen Virus) sofort versöhnt.
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Also mein Mitgefühl hast Du, Jarg und ich wünsche natürlich Gute Besserung. Aber eins ist doch gut an der Sache, Du bist bis Weihnachten damit durch :-), liebe Grüße Marlies
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Danke schön. Der Virus hat eh beschlossen, dass er keine Weihnachtmützen mag und zieht sich langsam zurück. Alles wird gut und Mandeln für alle!!!
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Ich wünsche herzlich gute Besserung und stelle fest: Mag auch alles sonst feucht und nass sein, was jetzt während des Infekts zum Vorschein kommt und Taschentuchnachschub fordert – der Humor ist trocken. Entzückend und herzerfrischend trocken! 🙂
(Drücke sehr die Daumen, dass die Beschwerden bald abklingen! Zzuletzt die Lee-Marvin-Stimme, die finde ich doch von allem am Erhaltenswertesten.)
LG Michèle
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Danke schön!! Und am Lee Marvin kann ich ja weiterarbeiten … einmal täglich mit Whisky gurgeln oder so …. 😉
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Man könnte sich für nächstes Jahr überlegen, ob man sich impfen lassen will! Auf jeden Fall gute Genesung.
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Ja, war kurz davor. Andererseits: bei meinem Weibe war es daselbst auch vergeblich 😉 danke für die guten Wünsche!“
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„Ich habe Schnupfen.“
Oder, wie wir Männer sagen:
„Es geht mit mir zu Ende!“
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Ja, so ist es. Wir sind das wahre schwache Geschlecht. Kommt alles von dem blöden Y-Chromosom. Überall innerhalb der Hardwareausstattung setzt man heute auf Redundanz … nur bei uns nicht.
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das heißt? Du hättest gern zwei Nasen? Noch mehr Gerotze! Lieber doch nur einen Single Point of Failure und dann publikumswirksam showleiden. Manchmal verhilft es einem ja zu ein paar Streicheleinheiten.
Schönes Wochenende!
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Nee, nicht zwei Nasen … meine ist schon groß wie zwei! Mit dem entsprechenden Schniefvolumen. Einziger Vorteil: Resonanzverstärker für die Lee-Marvin-Stimme 😉
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Gute Besserung und übe schön das „Leiden wie ein Mann“!
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Genau. Wie in der alten buddhistischen Weisheit: Lerne klagen ohne zu leiden!! 😉
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😀 Köstlich. Dennoch wünsche ich Dir, Euch und dem schnupfengeplagten Pferd gute Besserung. 🙂
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Danke schön. Mittlerweile klinge ich auch nur noch wie Lee Martin IM STIMMBRUCH! Es geht also aufwärts … 😉
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Gute Besserung!
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Danke!
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Hauptsache der Humor funktioniert noch 🙂 Gute Besserung!
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Unbedingt!! Und: Danke!!!
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Lieber Jarg,
na, Dich hat es aber erwischt; einen Virus, der selbst ADHS hat, kann auch nicht jeder vorweisen… ; ) Wünsche gute und baldige, am besten schleunigste Genesung… ! : )
Herzlich, Hannah B. (P.S. hoffentlich steckst Du niemanden an… obwohl, ADHS haben ja inzwischen sowieso schon fast alle… ; )
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Danke schön, liebe Hannah! So ein Virus ist ja irgendwie auch nur ein Mensch … muss schon blöde sein, immer irgendwelche Wirtstiere suchen zu müssen für die eigene Reproduktion. Hat er sich ja auch nicht ausgesucht, der Virus …
Herzlich gruesst Jarg
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Gegen den Schnupfen hilft ganz gut Banlangen, ein chinesischer Arzneitee aus Färberwurzel, ein paar Asialäden haben den mittlerweile 😉 Gute Besserung!
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