Es gibt ja bereits eine Reihe von Büchern, die sich mit der Rückkehr von Wildtieren und insbesondere mit der erfolgreichen Wiederansiedlung größerer Prädatoren auseinandersetzen. Gerade zum Wolf sind in den letzten Jahren einige besonders schöne Bücher erschienen, die sich bildreich und mit dem Fokus auf die Biologie mit dem Urahn unseres Haushundes auseinandersetzen.
Der Journalist Eckhard Fuhr spannt den Bogen weiter und taucht tief ein in die Naturgeschichte des Wolfes und dem lange Jahrhunderte gespannten Verhältnis des Menschen zu diesem großen Raubtier, das schliesslich zur Ausrottung des Wolfes in weiten Teilen Westeuropas führte. Für sein Buch ist er weit durch die Republik gereist auf den Spuren des Wolfes.
Er beginnt mit den letzten Wolfstötungen im frühen 20. Jahrhundert, die hinter das lange Zeit auf Ausrottung zielende Bestreben des Menschen einen Schlußpunkt setzten und schon in der sprachlichen Kälte der zutage geförderten Dokumente keinerlei Gefühle für den Wolf erkennen liessen. Ausgehend von spezifischen biologischen Charakteristika des Wolfes beschreibt Fuhr dann die rasante Rückkehr des „Superjägers“, der bereits Anfang der 2000er Jahre wieder in der Lausitz nachweisbar war.
Seither ist viel passiert: mittlerweile haben sich die Wölfe weiter über Deutschland verbreitet und sich Lebensräume erschlossen, in denen sie schon seit 200 Jahren nicht mehr auftauchten. Im Zuge der Wiedereinwanderung kam es natürlich auch zu Problemen etwa mit Schafherden (obwohl nur 1% der Wolfsnahrung aus domestizierten Tieren besteht), was nicht nur zu Forschungsmaßnahmen geführt hat, sondern auch Wolfsmanagementpläne in verschiedenen Bundesländern befördert hat: so können Besitzer von Schaf- und Ziegenherden nicht nur auf finanziellen Ausgleich hoffen, sondern im Falle eines Wolfes, der die Scheu gegenüber dem Menschen verloren hat, auch auf Vergrämung oder (im Extremfall) Abschuss hoffen dürfen.
Fuhr untersucht aber nicht nur die Auswirkungen der Wolfseinwanderung auf Gesellschaft, Politik und Verwaltung, sondern beleuchtet auch das nicht angespannte Verhältnis von Wolf und Jäger, unternimmt eine Reise in die Mythologie des Wolfes bis hin zu der Faszination, die er auch Frauen ausübt und seine Rolle in Managementseminaren und anderen wirtschaftlichen Unternehmungen. Der Autor unterschlägt auch nicht, dass es durchaus zu Übergriffen vom Wolf auf den Menschen kommen kann und belegt dies auch mit konkreten Beispielen, weist aber zugleich nach, dass meistens entweder Tollwut im Spiel war oder ein Wolf fatalerweise auf Menschen geprägt wurde und damit potentielles „Fehlverhalten“ quasi vorprogrammiert war. Er räumt auf mit der aus Wildparks geprägten Fehleinschätzung des stark von Unterdrückung geprägten Wolfsrudels und belegt eindrucksvoll, dass die in kleinen Rudeln lebenden Wölfe im Innenverhältnis ein zwar von einer gewissen Hierarchie geprägtes, aber durchaus solidarisches Miteinander pflegen und meist erst bezüglich der Verteidigung ihres Territoriums aggressiv werden.
Es ist Fuhr anzumerken, dass er große Faszination für den Wolf empfindet, was insbesondere nochmal in dem Kapitel „Wolf und Hund“ deutlich wird, in dem er das enge, in der Domestikation des Hundes mündende archaische Verhältnis der Steinzeitjäger zum Wolf beschreibt, waren doch Jäger und Wölfe im Bezug auf ihre Beutetiere und ihr Jagdverhalten einander durchaus ähnlich.