Der kleine Landadlige Alonso Quijano liest leidenschaftlich gern Ritterromane und hält alles darin für wahr. Schliesslich hält er sich selbst für einen Ritter und bricht auf, um sich in Abenteuer und Gefahr zu begeben und gegen das Unrecht zu kämpfen. Er nennt sich Don Quijote, seinen Gaul Rosinante und nimmt den Bauern Sancho Pansa als Stallmeister mit. All das zu Ehren eines Bauernmädchens, das Quijotes Fantasie zur Dulcinea von Toboso und damit zur Dame erklärt, für die er kämpft und der sein Herz gehört. Cervantes Roman, der erste in der abendländischen Literatur überhaupt, ist nur vordergründig ein Roman über einen verrückten Landadligen, der zuviele Ritterbücher mit übertriebenen Heldenabenteuern gelesen hat, sich selbst als Ritter sieht und absurde Abenteuer erlebt. Don Quijote setzt sich mit Wahrnehmung, Wirklichkeit und Imagionation auseinander und war damit für seine Zeit ein revolutionäres Buch, stellt es doch der Welt und dem Leben die Fantasie und das Lesen entgegen, der Realität den Traum. Und so zweifelt der Leser zwar an dem Verstande seines Helden, lässt sich aber gleichwohl von seinem Esprit und seinem Idealismus mitreissen, auch wenn es gegen Windmühlen anzurennen geht. Ist Don Quijote auch vordergründig ein verrückter Vielleser, dem die Fantasie durchgeht, so bezieht der Roman doch aus eben dieser Fantasie seine Kraft – und so mag auch so mancher von hochverdichteter Arbeit erschöpfte Angestellte heute sich nach der Lektüre dieser oder anderer, moderer Romane in die Fantasie flüchten, gegen die unabweisbare Macht des Faktischen, der Zahlen, Benchmarks und Renditen, im Traum zu Felde zu ziehen. Ein wunderbares, anspielungsreiches Buch, für dessen Lektüre man sich Zeit lassen sollte und für das man unbedingt eine gute Übersetzung – klassisch: Ludwig Braunfels ; modern: Susanne Lange – wählen sollte. Und keine Kinderbuchausgabe, bitte nicht!
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