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Zehn : Stories / Franka Potente

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Seit Franka Potente 2005 für die Dreharbeiten an einem Dokumentarfilm das erste Mal nach Japan kam, kehrt sie immer wieder zurück. Fasziniert von der fremden japanischen Kultur, hat sie sich jetzt an einen Band mit Erzählungen gewagt, und man kann sagen, das Wagnis hat sich gelohnt und die Welt ist um zehn schöne Prosaminiaturen reicher.
Da ist das junge, aufstrebende Paar, dass die Geschenke verwechselt und sich so, plötzlich darum wissend, beim Abendessen des Chefs einem peinlichen Ende zu nähern scheint. Die schwangere Ikuko wird belagert von allen männlichen Nachwuchs herbeiwünschenden Verwandten, die schon einen kompletten Lebensplan aufstellen, und wünscht, ja ahnt doch, dass es eine Tochter wird. Und die Witwe Niskhi scheint bessesen von der Zubereitung ihres Lachseintopfes – bis sie endlich merkt, was ihr fehlt.
Tief berührend „Tamago“, die vorletzte Geschichte, die vom alternden, einsamen und sterbenskranken Herrn Masamori handelt, der Trost in der eingebideten Gesellschaft des riesenhaftes Wrestlers „Andrew the Giant“ findet:
„Da war nur die große, kalte Maschine im Raum, die so gefährlich war, dass die Schwester den Raum verließ. Die Wände waren schmucklos, es gab keine Fenster, ein seltsam einsamer Raum. Seine Frau hatte genau diese trostlosen Wände gesehen, bevor sie starb. Traurigkeit schnürte ihm den Hals zu. Wie ängstlich musste sie gewesen sein. Und wo war er gewesen? Die Bleiweste machte das Atmen schwer, und er fror auf der kalten Metallliege. Gerade als er das Gefühl hatte, aufspringen zu müssen, ergriff André seine Hand. Der Riese hatte ihn gefunden. Seine warme Hand strich leicht über Herrn Masamoris Arm. Erleichtert schloss Herr Masamori die Augen.“
Franka Potente sind wunderbare kleine Geschichten gelungen, Schlaglichter auf die japanische Kultur und Mentalität. Die Geschichten sind ruhig und klar aufgebaut, schnörkellos, fast karg, jedoch mit genauem Blick fürs Detail erzählt.
Wer wie Jarg jemals in Japan war und sich von dieser Kultur und Lebensart hat befremden und bezaubern lassen, findet etwas davon in den mal melancholisch-traurigen, mal sanft heiteren, ja komischen Prosaminiaturen wieder: präzise gestaltet wie ein Zengarten und doch nie konstruiert wirkend. Ein wunderbares kleines Buch und – zumindest für Jarg – eines der schönsten und berührendsten Leseerlebnisse der letzten Monate. Auch und gerade nach der schrecklichen Katastrophe, die Japan derzeit heimsucht.

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