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Das Geräusch einer Schnecke beim Essen / Elisabeth Tova Bailey

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Die amerikanische Journalistin Bailey wird durch eine seltene Virusinfektion über Monate bettlägerig und nahezu bewegungsunfähig. Als eine Freundin ihr eine Topfplanze schenkt, entdeckt sie unter einem der Blätter eine Schnecke. Tagsüber zieht sich diese Schnecke zurück, um nachts dafür umso aktiver zu sein. Fasziniert von dem zarten Geräusch der Schecke beim Annage eines Blattes Papier beginnt die unter ihrem durch das Liegen eingeschränkten Gesichtsfeld leidende Bailey, der Schnecke und ihren Aktivitäten einen Großteil ihrer Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei studiert sie aufmerksam die Bewegungsmuster der Schecke, ihrer Fühler und ihres Fußes, entdeckt ihre Vorlieben und beginnt bald, nach mehr Informationen über ihre Schnecke im besonderen und Schnecken im Allgemeinen zu suchen. Dabei lernt sie erstaunliche Dinge über die Kulturgeschichte und die lange Evolution der Schnecken, über ihr zum Teil bizarr-schönes Liebesleben, ihre erstaunlichen Möglichkeiten zur Kommunikation und die perfekte Anpassung an ihren jeweiligen Lebensraum.
Selbst extrem durch ihre Krankheit verlangsamt, findet Bailey in der Schneckenwelt eine vergleichbare langsame, aber üblicherweise jenseits der menschlichen Erfahrungen liegende Welt: die Schnecke, an deren Leben sie teilhat, führt sie gewissermaßen durch diese Welt und gibt ihr mit dem Zugang dazu, mit dem erweckten Interesse für die Lebens- und Überlebensbedingungen von Schnecken und die Vielfalt ihrer Anpassungen an ihre Umwelt und ihrer Beharrlichkeit, sich zu behaupten, die Kraft für ihr eigenes Leben zurück.
Ein berührendes, wohltuend unpathetisches Buch, das nicht nur neugierig macht auf die Welt der Schnecken, sondern den Blick generell öffnet für eine gesteigerte Wahrnehmung der tierischen Welten, die so nahe an der menschlichen liegen und doch so oft von uns im hektischen Alttag mißachtet werden. Die elementare Erfahrung, die Bailey durch die Beobachtung der Schnecke macht, erweist sich auch auf uns gesunde Menschen übertragbar: wenn wir nur uns die Zeit nehmen, die Augen zu öffnen für die erstaunliche Welt um uns herum, öffnet sich nicht nur ein Fenster zu erstaunlichen Erkenntnissen, sondern auch das Bewußtsein, dass wir alle, die menschlichen Tiere, Teil einer langen Geschichte des Lebens sind: Mensch und Schnecke sind darin „nur“ zwei Erzählungen von unzähligen mehr.
Sehr schön ist auch die Eröffnung jedes Kapitels mit einem kleinen Zitat oder Gedicht, oft japanischen Haikus.
Ein kleines, feines Buch über eine essentielle Erfahrung, den damit geweckten Wissensdurst und die Kraft, die man aus der Beobachtung des Kleinen schöpfen kann.

4 Kommentare zu “Das Geräusch einer Schnecke beim Essen / Elisabeth Tova Bailey

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