Bei indischen Filmen kommen dem durchschnittlichen Filmfreund meistens opulent inszenierte, kitschige und schablonenhaft nach dem immer gleichen Muster ablaufende Bollywoodstreifen in den Sinn, die inhaltlich weit von der indischen Realität entfernt sind und in denen immer wieder an scheinbar unmotivierten Stellen getanzt und gesunden wird. Diese Filme können auch für westliche Zuschauer durchaus einen gewissen Reiz haben, erschöpfen aber bei dauerhaftem Konsum zumeist, hat man doch bald den Eindruck, es handele sich eigentlich immer um den gleichen Film in wechselnden Besetzungen und Kulissen.
Das Indien auch ambitioniertes Kino hervorbringt, das eigenständig indisch scheint und doch über die Grenzen des Landes hinauszuragen vermag, zeigt beispielthaft der Film „Road, Movie“ des indischen Regisseurs Dev Benegal. Der Titel dieses indischen Films darf im übertragenen und doppelten Sinn als Aufforderung verstanden, geht es doch um einen Roadmovie im besten Sinne, der eine innere Wandlung des Protagonisten über eine Reise zum Thema hat, als auch um die Straße als Metapher in Verbindung mit dem Kino und der Kraft der bewegten Bilder.
Worum es geht, ist schnell erzählt: der junge Vishnu will um keinen Preis der Welt in die Fußstapfen seines Vaters treten, der ein Haarölgeschäft betreibt und davon ausgeht, dass sein Sohn den Laden übernehmen wird. Als der alte 43er-Chevrolet-Laster seines Onkels, der eine komplette Kinoausrüstung enthält, in ein Museum überführt werden soll, sieht Vishnu seine Chance gekommen und macht sich daran, den Wagen in die weit entfernte Hafenstadt zu überführen. Widerwillig erklärt Vishnu sich nach einer Rast bereit, einen Jungen mitzunehmen.
Doch der Wagen ist nicht nur alt, sondern marode und eigenwillig. Als der Motor ausfällt, holt der Junge einen alternden, dicken Mechaniker namens Om, der den Motor reparieren will, wenn Vishnu ihn zu einem Fest mitnimmt. Durch eine korrupte Polizeistreife angehalten, emtkommen die drei nur knapp dem Tod, indem sie neben der einsam in der kasrzigen Gegend liegende Polizeiwache einen Kinofilm vorführen. Auf ihrem weiteren Weg wird der Filmprojektor noch oft zum Einsatz kommen, verschafft den drei ungleichen Reisenden ein willkommenes Zubrot und führt sie schliesslich in der Wüste auch zu einer jungen Witwe. Vishnu verliebt sich hoffnungslos in die Frau aus einer anderen Kaste. Doch sie geraten an einen gewalttätigen Gauner, der mit seiner Bande die örtlichen Wasserstellen in seiner Gewalt hat …
Dev Benegal ist ein kleines Filmkunstwerk gelungen, dass in einer Mischung aus realen und absurden Elementen seinen Zauber entfaltet. Für den ewig mürrischen und mit seinem Schicksal als Sohn eines Haarölgeschäftsmanns hadernden Vishnu wird die Fahrt zu einer Reise zu sich selbst: er entdeckt seinen Humor, die Liebe und erkennt, welche Tiefe und welche unerwarteten Freuden das Leben bieten kann.
Ein wunderbarer, feinhumoriger und warmherziger Film und ein wahrer Roadmovie, der seine Geschichte mit sanfter, zunehmder Kraft entfaltet, und dabei von der Kraft des Kinos und der menschlichen Begegnung erzählt. Benegal schafft dabei eine traumartige Athmosphäre, in der absurde Elemente eine innige Verbindung mit elementaren Eindrücken und Emotionen eingehen und der schon fast als Aufforderung zu verstehende Filmtitel symbolhaft für eine Geschichte steht, in der Veränderung durch eine Reise und die magische Welt des Kinos erreicht wird.
Startseite » Scheibenwelt » Film » Road, Movie / Regie: Dev Benegal. Darst.: Abhay Deol, Mohammed Faisal, Satish Kaushik, Tannishtha Chatterjee
Ich habe keine Ahnung vom indischen Kino. Aber der Film klingt gut und der Trailer, den ich mir gerade rausgesucht habe, bestätigt das nur.
Danke für den Tipp!
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Dann wünsche ich viel Spaß beim Gucken!
Herzlich grüsst
Jarg
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