
Eine Shuttlemission im All: die begabte Medizintechnikerin Ryan Stone fliegt das erste Mal ins All unter dem Kommando des erfahrenen Astronauten Matt Kowalsky geleitet wird, der seinen letzten Raumflug absolviert. Bei einem Ausseneinsatz am Hubble-Teleskop erhalten sie beunruhigende Nachrichten von der Bodenstation: die Zerstörung eines russischen Satelliten im Orbit hat eine Kettenreaktion ausgelöst und ein großes Trümmerfeld rast direkt auf sie zu. Kowalsky und Stone sollen direkt ins Raumschiff zurückkehren. Doch sie sind nicht schnell genug: das Trümmerfeld rast heran und trifft den Shuttle. Stone wird durch die Wucht des Aufpralls ins All geschleudert und nur mit Mühe von Kowalsky gerettet. Als sie zum Shuttle zurückkehren, finden sie es zerstört vor. Jetzt treiben sie mit begrenztem Sauerstoffvorrat in den Raumanzügen und ohne Kontakt zur Bodenstation durch die schweigende Einsamkeit des Alls und haben nur eine einzige Chance: sie müssen noch weiter in den Raum vordringen, um eine vage Chance auf Rettung zu haben …
Alfonso Cuarón ist ein beklemmendes cineastisches Sci-Fi-Kammerspiel gelungen, das sich nahezu ausschliesslich um Sandra Bullock als Medizintechnikerin Ryan Stone dreht. Herausgekommen ist ein ausgesprochen sinnlicher Film, der eigentlich nur ein Thema hat: die existentielle Ausgesetztheit des Menschen im Weltall und den vor allem emotional herausfordernden Kampf um die Rückkehr auf die Erde, die einzig lebensfreundliche Umgebung, die wir bisher kennen.
Trotzdem sich Cuarón aus erzählerischen Gründen einige Freiheiten nimmt, zeichnet den Film eine hohe wissenschaftliche Genauigkeit aus: selten und ohne der Geschichte ihre Glaubwürdigkeit zu nehmen, verlässt er die Basis des technisch oder physikalisch Möglichen. Die Arbeiten an dem Film erstreckten sich über nahezu fünf Jahre, waren mit hohem Aufwand verbunden und haben die animationstechnischen Möglichkeiten bis an die Grenze dessen ausgereizt, was heute möglich ist. Mit überzeugendem Ergebnis.
Der Film konzentriert sich auf den Überlebenskampf im All unter beinahe aussichtlosen Bedingungen und macht die Lebensfeindlichkeit und keine Fehler verzeihende Umgebung, in der dieser Kampf geführt wird, beinahe körperlich spürbar. Dabei schafft Cuarón Bilder von magischer, eindringlicher Schönheit und hohem symbolisch-philosophischen Gehalt, die sich tief in das Gedächtnis des Zuschauers bannen. Sandra Bullock, die ganz gegen ihre üblichen Rollenklischees besetzt wurde, schöpft ihre schauspielerischen Möglichkeiten hervorragend aus: überzeugend zeigt sie Ryan Stones Überlebenskampf, ihre Stärke, ihre Zweifel und ihre Ohnmacht, ohne je in heroische Posen oder übermäßiges Pathos abzugleiten.
„Gravity“ zeigt, wie spannend und zugleich hochemotional Science-Fiction-Filme sein können, wenn sie sich abseits der üblichen Weltraumgeballerszenarien bewegen: dann reichen diese Filme weit über ihr Genre hinaus und bekommen einen philosophischen Subtext, der einen lange beschäftigen kann. Vor dem Hintergrund eines keine Fehler verzeihenden Überlebenskampfes im menschenfeindlichen All zeigt der Film deutlich, wie zerbrechlich das Leben ist, das wir führen – und wie stark es sein kann.
Natürlich kommen rasch Gedanken an die Klassiker des Genres auf, an „2001 – Odyssee im Weltraum“ oder an Low-Budget-Filme wie „Moon“ oder „Love“, die sich mit der menschlichen Existenz in Verbindung mit der Grenzerfahrung Weltall beschäftigen. „Gravity“ kann daneben absolut bestehen, auch wenn man berücksichtigen muss, dass gerade im Vergleich mit den beiden letztgenannten Filmen auch ein Vielfaches an Geld zur Verfügung stand, um dieses Ergebnis zu erreichen.
Fazit: ein auch auf dem heimischen Bildschirm beeindruckender, streckenweise überwältigender Film, der einen atmelos zurücklässt, froh, festen Boden unter den Füssen zu haben.
Um diesen Film schleiche ich auch schon lange rum. Allerdings habe ich etwas Angst ihn mir anzuschauen, weil es bestimmt viele verzweifelte und einsame Momente gibt. Geht er denn gut aus? Ich habe mir jetzt kürzlich die ganze Serie Star Trek Voyager reingezogen, und da fand ich es schon krass mir vorzustellen wie verloren so ein Raumschiff in den unendlichen Weiten der Galaxie ist…gewisse Parallen zum eigenen Leben eingeschlossen.
Ach und noch ne Anmerkung was 3 D angeht – das würde ich mich bei dem Film auf keinen Fall trauen. Ich habe mir damals diesen Avatarfilm, mit den blauen Leuten… angeschaut, und danach war ich fix und alle weil das 3 D einen wirklich krass packt.
Ein Film der sich aufjedenfall sehr lohnt ist Pina Bausch in 3 D – man hat das Gefühl man steht direkt hinter den Tänzern…
Grüße und ein schönes Wochenende Film und Serien Junkie M.F.
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Liebe M. F.,
so verzweifelt die Lage der Astronautin auch ist … am Ende hat sie wieder festen Boden unter den Fuessen und der Filmgucker ist ebenso erleichtert wie sie. „Gravity“ zeigt uns unsere Ausgesetztheit im All ebenso drastisch wie die Schönheit unseres blauen Planeten … unserer Lebensbasis und der einzigen, die wir haben und viel zu wenig zu schätzen wissen.
3D beansprucht schon sehr … aber das Erlebnis lohnt bei einigen Filmen ganz sicher.
Sonnige Gruesse aus Hamburg und eine zauberhafte Wochenendzeit!
Jarg
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Schöne Rezension. Ich hab‘ den seinerzeit zum Kinostart rezensiert – das war mal ein gelungenes 3D-Erlebnis:
Ich zitier‘ mich mal selbst: Näher dran am Gefühl eines schwerelosen Weltraumspaziergangs kann man mit einem Film nicht sein als bei „Gravity“. Deshalb ist er in meiner Top 15 des Jahres auch auf Rang 1 gelandet: http://dienachtderlebendentexte.wordpress.com/2014/01/01/filmjahr-2013-top-15-3/
Gruß, Volker
P.S.: Pssst – im ersten Absatz fehlt in der achten Zeile ein „wird“ hinter „Stone“.
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Danke für Deinen Kommentar und das Kompliment: deine Rezension fängt den Film übrigens auch ganz hervorragend ein – und zeitnah, denn ins Kino schaffe ich es bei solchen Filmen nicht so oft (was mit steigendem Alter der Kinder besser wird).
Liebe Grüsse von Jarg und …
P.S.: … das „wird“ ist wieder da und Szone nicht mehr so allein. Aber Pssssst, geheim! Danke!! 😉
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Bei diesem Film musste ich mir immer wieder verwundert die Augen reiben: So eine SciFi-Umsetzung hatte ich vorher noch nie gesehen…audiovisuell bahnbrechend, das Ding! Und umso erstaunlicher, dass der Film sich dahinter nicht versteckt sondern auch handwerklich sauberes Erzählkino in bester Tradition und von hoher Spannung bietet…
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Der Film ist wirklich aussergewöhnlich – und im Gegensatz zu vielen US-Blockbustern wirklich schön gemachtes Kino!
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ich glaube, ich sollte mir den film endlich mal ansehen….
lg petra
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Unbedingt, liebe Petra. Danach hat man den tiefen Impuls, den Boden küssen zu wollen!
Liebe Grüsse von Jarg
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😉
Lg Petra
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Ich habe den Film im Kino gesehen und kann jedes Deiner Worte unterstreichen!
Oliver 2.0
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Das freut mich, Oliver 2.0. Im Kino muss „Gravity“ der Hammer sein.
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Es wurde mir stellenweise echt schwindlig… grandioses Kino.
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Kann ich so bestätigen 😉 , auch wenn ich gern hinzufügen möchte, in 3D im Kino sollte man diesen Film erlebt haben. Wenn es einen Film gibt, bei dem 3D tatsächlich Sinn macht, hier haben wir ihn.
Was mir zudem gefallen hat, ist die schnittfreie minutenlange Anfangsszene, sowie die zurückhaltende Filmmusik, inklusive Momenten ohne Musik in absoluter Ruhe.
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Ja, ganz sicher. 3D macht bei dem Film bestimmt Sinn … obwohl meine dreidimensionale Wahrr´nehmung augenbedingt eingeschränkt ist und wahrscheinlich die optischen Vorzüge bei mir nicht voll durchschlagen, dürfte das Erlebnis dadurch nochmal erheblich gesteigert werden.
Ganz klar: der Film setzt die Musik sehr behutsam ein und sehr punktgenau, wie überhaupt er nicht auf billige Effekte setzt, sondern die Spannung aus der Geschichte heraus wachsen lässt.
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