Christoph Karrasch ist Reisejournalist, Videoreporter und Blogger – und kommt eines Tages auf die Idee, endlich seinen Traum von der Weltreise zu verwirklichen. Warum nicht das Ganze in zehn Tagen angehen, damit es endlich einmal klappt? Nach seinem Entschluss und der geklärten Finanzierung durch einen Verlag lässt er seine Follower auf Social-Media-Kanälen über die Reiseroute (je eine Station auf jedem Kontinent bis auf die Antarktis und Europa) abstimmen und – um das ganze zu intensivieren – sich auch noch Aufgaben stellen, die am jeweiligen Ort ausgeführt werden sollen.
Was sich vordergründig oberflächlich anhören mag, erweist sich in der ambitionierten Umsetzung als rasende Fokussierung auf fünf Städte, deren Auswahl willkürlich scheinen mag, sich am Ende aber als intensiv erlebte Orte herausstellen. Karrasch bleiben maximal 36 Stunden je Ort, wenn man die Flugzeit von den 240 Stunden abzieht, die seine Reise dauern wird. Da er bereits im Vorfeld lokale Kontakte geknüpft hat, steht das Programm der Reise zumindest in der Theorie weitgehend fest. Dennoch wird die Reise für Karrasch zu einer überaus intensiven Erfahrung, werden doch die notwendige Kürze des Aufenthalts kulturelle und mentalitätsbedingte Unterschiede besonders sichtbar.
Ob Paragliding und Meerschweinchen in Lima (essen oder nicht essen?), Las Vegas als glitzernde Spielhöllenstadt voller Schein & Sein mit einem buchstäblich unbekannten Untergrund, Auckland, Neuseeland mit Hobbits und Maoritänzen in kurzem Röckchen, Kathmandu mit seiner Armut und seinem improvisierten Chaos oder am Ende Kapstadt, wo er an einem Townshipprojekt mitwirkt und den Tafelberg besteigt – Karrasch weiss intensiv zu erzählen und macht in kurzen Schlaglichtern des Erlebten etwas von der Fülle an Eindrücken sichtbar, die möglich sind, wenn man länger an den besuchten Orten verweilt. Das gilt auch und besonderes für die Begegnung mit Menschen
Natürlich erhebt Karrasch nicht den Anspruch, die besuchten Städte wirklich ausführlich kennengelernt zu haben. Doch gerade die Kürze der Zeit führt dazu, dass er seine Sinne und Gedanken besonders auf das Erlebte – ob geplant oder ungeplant – fokussieren kann und ihm so selbst die kurze Zeit des jeweiligen Aufenthaltes durchaus zum intensiven Erlebnis werden kann. Vielleicht ist das die schönste Erkenntnis aus dem kurzweilig und humorvoll geschriebenen Buch: wer sich wirklich auf den Augenblick konzentriert und ihn mit allen Sinnen wahrnimmt und anpackt (und sei es aus Zeitnot), kann aus kurzen Momenten intensives Erleben generieren. Noch Wochen nach der durchaus mit Unbill (Erkältung) gestarteten Reise poppen Randerlebnisse und Erfahrungen am Gedächtnishorizont des Autors hoch und machen ihm noch einmal deutlich, wieviel Erleben möglich ist, wenn man sich ganz darauf einlässt. Das gilt auch und vor allem für die Begegnung mit den Menschen vor Ort – und insbesondere für seinen Aufenthalt in Kathmandu.
Wer gerne Reiseberichte ungewöhnlicher Art liest (wie zuletzt Körners „Journeyman“), wird sich mit diesem Buch wohlfühlen und sich gerne von Karrasch im Parforceritt um die Welt tragen lassen.
in der Überschrift zu dieser Besprechung ist ein Tipfler, vermutlich eine auf das Wort „ten“ zurückzuführende freud’sche Fehlleistung, die nur so Korinthenkackern wie mir auffällt. LG
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Ah danke. Immer diese Tipfler … dieser hat sich eingeschlichen, als der für die Nachtredaktion zuständige Blogpraktikant einen Joint durchgezogen hat. Habe ihn jetzt dazu verdonnert, den Blog auszudrucken und alle Tippfehler mit Tippex zu korrigieren.
Beste Grüße zum Sonntag von Jarg
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Besser wäre die Tüten zu konfiszieren um weitere Tipfler zu vermeiden 😉
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Schwierig. Der Praktikant trägt so eine filzige verwaschene Weste mit tausend Taschen undefinierbaren Inhalts. Es gibt Gerüchte, dass in seinen Taschen bisher unentdeckte, zum Teil anaerobe Lebensformen hausen.
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Gummihandschuhe, Mundschutz und Forscherset verwenden. Vielleicht winkt der Nobelpreis in Biologie? Schönes WE 😉
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Guter Tipp. Vorhin rief jedenfalls die Unesco an wegen Vorprüfung des Tascheninhaltes auf Weltnaturerbe. Auch dir noch ein schönes Wochenende!
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Lieber Jarg,
vorneweg: ich habe das Buch nicht gelesen, mag sein, dass es spannend geschrieben ist.
Von deiner Inhaltsangabe her ist es mir aber zutiefst unsympathisch. Es gibt in unserer Welt schon so viele Möglichkeiten, Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit mit dem Attribut „Intensives Erleben“ zu verherrlichen. Das ist doch keine Reise – das ist das Abbild unseres immer weiter um sich greifenden Lifestyles. Viel Lärm (und Abgase) um Nichts.
(Sorry, aber das musste jetzt raus :)).
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende
Christina
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Liebe Christina, wäre das Buch so wie von dir beschrieben, gäbe ich dir recht. Aber dem ist nicht so. Karasch fokussiert sich eben nicht auf das Abreiten von Sehenswürdigkeiten, sondern setzt einen starken Fokus auf die Menschen, denen er begegnet. Vielleicht kam das nicht so rüber, weshalb ich das jetzt noch mal hervorgehoben habe. Das eben macht sein Buch so sympathisch für mich. Aber das ist natürlich eine radikal-subjektive Ansicht, wie sie diesem Blog nun mal eigen ist. 😉
Ein zauberhaftes Wochenende Dir!
Herzlich
Jarg
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Danke für deine Antwort :), dir auch noch einen schönen Sonntag.
Christina
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Immer gerne! Gehört zum Sevice 😉
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