Vielleicht, dachte ich später einmal, trägt jeder Mensch so ein paar Sätze in sich, von denen er gar nichts weiß, die unbemerkt in ihm schlummern und das ganze Leben verändern können. So einen kleinen handlichen Trommelwortrevolver, dessen Kugeln sich unerwartet lösen und unleugbar, unumstößlich ins Dasein knallen.
Ein erfolgloser Jungschauspieler, den gelegentlich der Furor packt und der am Ende drei Frauen liebt, bis er grandios sein gewohntes Leben an die Wand fährt und alles sich ändert. Joachim Meyerhoff, der bereits drei Teile seines autobiografischen Zyklus „Alle Toten fliegen hoch“ vorgelegt hat, widmet sich in „Die Zweisamkeit der Einzelgänger“ seinen jungen Jahren an Provinztheatern. Erfolglos auf der Bühne und zunehmend von Selbstzweifeln gequält, wird zunächst die hochbegabte, ehrgeizige und äußerst komplizierte Hanna zur Liebe seines Lebens. Als er von Bielefeld nach Dortmund ans Theater wechselt, kommt noch die lebenslustige Tänzerin Franka dazu und Joachim kann seine Tage und Nächte zwischen Theater, zwei Städten und zwei Frauen bald nur noch mit Hallo-wach-Pillen durchstehen. Dann ist da noch die heruntergekommene Bäckerei, in der er Ilse, die 45jährige Bäckersfrau, kennenlernt und schon bald zwischen Puddingbrezeln und Backblechen Ausgleich von seinem hektischen Leben sucht.
Jugendliche Selbstüberschätzung, ein viriles, aber dem Leser und auch dem Autor selbst durchaus zuweilen fragwürdig erscheinendes Doppelleben. Meyerhoff gelingt es, diese intensive Lebensphase auf unnachahmlich witzige, selbstironische Weise verdichtet vor uns auszubreiten: wie auch in den anderen Büchern verbirgt sich aber unter den absurd-komischen Volten der Erzählung immer auch große Ernsthaftigkeit, sind Angst, Einsamkeit und all jene, die nicht mehr sind, stets präsent in und zwischen den Zeilen. Rückblenden in die Kindheit und Jugend verknüpfen sich mit den rasanten Schilderungen einer intensiv gelebten Gegenwart, in der Meyerhoff über Jahre zwischen den Lieben jongliert hat und am Ende erkennt, dass das Scheitern wie der Verlust zu den Folgeerscheinungen des Lebens gehört.
Furios, komisch und von tiefem Ernst zugleich, schafft Meyerhoff Szenen von unglaublicher Intensität und geradezu physischer Auf- und Eindringlichkeit, die den amüsierten Leser zuweilen in Neid und Entsetzen treiben.