Mit dem Umzug ihrer Familie nach Zürich – bedingt durch die neue Arbeit ihres Vaters – muss die fast 16jährige Mia sich in der neuen Umgebung und einer neuen Schule zurechtfinden. Von ihren Eltern entfremdet sie sich zusehends, knüpft aber nach anfänglichen Mobbingerfahrungen ausgerechnet zu der Gruppe Mädchen Kontakt, die sie zunächst ausgrenzen wollte: gemeinsam hängen sie auf Partys mit Jungs ab, experimentieren mit Alkohol, Drogen und Sex, begehen Ladendiebstähle. Doch trotz der rauschhaften Erlebnisse kann Mia sich selbst und den Veränderungen ihres Körpers nicht entfliehen: zwischen ihren Zehen wächst plötzlich Haut, sie trinkt nachts Salzwasser und isst Goldfische aus dem Aquarium ihrer Mutter.
Einer Ärztin schenkt sie am Ende kein Vertrauen, ja stellt infrage, ob sie überhaupt das Kind ihrer Eltern ist. Als sich auch Unterkörper und Beine massiv verändern, wird Mia klar, das es nicht nur die Pubertät ist, die ihr zunehmend ausser Kontrolle geratenes Leben bestimmt, und sie die Veränderungen ihres Körpers nicht länger ignorieren kann.
Lisa Brühlmann ist mit ihrem Film eine zuweilen verstörendes Coming-Of-Age-Drama mit Elementen des Horror- und Fantasyfilms gelungen. Ihr Film beleuchtet die Grenzerfahrung des Erwachsenwerdens aus einer fast schon distanzierten Perspektive, vermeidet jegliche Wertung und lässt so den Zuschauer rasch in das Verlorenheitsgefühl und das emotionale Chaos der Protagonistin eintauchen. Dabei findet sie in ihrem zunehmend rasanten und zugleich ruhigen, zuweilen mit abrupten Volten aufwartenden Erzählfluss überaus eindrucksvolle Bilder, die von der eher subtilen, unaufdringlichen Musik noch verstärkt werden. Rasch entsteht so eine starke Nähe zur Hauptfigur, die von Luna Wedler stark, überzeugend und mit viel Einfühlungsvermögen interpretiert wird.
Ein tief berührender, starker Film mit ungewöhnlichem, aber durchweg überzeugenden metaphorischem Überbau, über die Teenagerzeit und jene seltsamen, verwirrenden Jahre zwischen Erwachsensein und Kindheit, zwischen Fremdheit vor sich selbst und dem vorsichtigen Vertrautmachen mit dem eigenen Weg. Auch und gerade weil die Intensität des Filmes zeitweise kaum auszuhalten ist, empfehle ich ihn nachdrücklich allen, die ungewöhnliche Filme zu schätzen wissen.
Ja, das erinnert doch deutlich an „Der Nachtmahr“, nur dass die jugendliche Protagonistin dort einer anderen Kreatur begegnet statt selbst eine zu werden. Auch eine Empfehlung, „Wild“ ebenso. Das deutsche Kino wird definitiv fantastischer.
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An „Wild“ musste ich auch denken, als ich den Film sah: der Film hat mich damals nachhaltig beeindruckt, obwohl (oder gerade) auch dieser Film zeitweise schwer erträglich war.
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