Während man noch vor wenigen Jahrzehnten Tieren wenig Möglichkeiten zur Interaktion außerhalb angeborener Verhaltensweisen zugestand, ihnen gewissermaßen jegliche emotionale und soziale Flexibilität absprach, mehren sich seit etlichen Jahren Forschung Erkenntnisse, die Tieren eine erheblich größere Bandbreite an Verhaltensmöglichkeiten zugestehen und dabei zuweilen überraschende Einsichten in artspezifische und artübergreifende Tiergesellschaften ermöglichen. Volker Arzt, den meine Generation noch als Co-Moderator in der Sendung Querschnitt des legendären Hoimar von Ditfurth kennt, beschäftigt sich in seinem aktuellen Buch intensiv mit partnerschaftlichen Verhalten von Tieren in der Natur.
An zahllosen Beispielen zeigt Arzt partnerschaftliches Verhalten bis hin zu komplizenhaften Aktionen zwischen verschiedenen Arten: über Jahrtausende eingespielte Symbiosen verschiedener Tier- und Pflanzenarten, die heute eine wichtige Basis für stabile ökologische Verhältnisse und damit auch unser Überleben bilden, sind dabei nur eine Seite der Medaille. Verblüffend ist vor allem, dass es nicht nur unter Tieren einer Art oder gar einer Herde Hilfbereitschaft gibt, sondern diese zuweilen Gruppen- und sogar Artgrenzen überschreitet bis hin zur Kooperation von Mensch und Honiganzeiger. Dabei klammert Arzt keineswegs aus, dass es auch den gnadenlosen Kampf um den eigenen Vorteil gibt, den wir ja auch als Menschen – aktuell geprägt durch populistische Akteure – nur zu gut kennen.
In zwölf Kapitel geht der Wissenschaftsjournalist aktuellen Beispielen von tierischer Kooperation, Parthnerschaft und Empathie auf den Grund. Dabei legt er zunächst dar, auf welcher natürlichen, durch die Evolution enstandenen Basis tierisches Verhalten enststeht und sichtbar wird: um sich dann zum Teil verblüffenden Verhaltensmustern unterschiedlichster Arten zu widmen. Die Bandbreite reicht dabei von den Insekten bis hin zu Kraken, Elefanten, Rabenvögeln, Keas und Buckelwalen, macht aber selbst vor den früher als wenig empathisch beschriebenen Dinosauriern nicht halt und spart selbst Bakterien nicht aus, deren Bedeutung als Symbionten für alle Tiere und damit auch uns Mensch kaum zu überschätzen ist. Nächstenliebe, Gegenseitigkeit, Verwandtschaft und gegenseitiger Nutzen sind dabei ebenso Thema wie Kopperation, Intelligenz, Mitgefühl und Freundschaft.
Die Beispiele, die Arzt anführt, sind dabei oft erstaunlich: Elefanten, die ihre blinden Artgenossen führen, Schimpansen, die ihnen unbekannte Artgenossen aus Lebensgefahr retten, Bonobos, für die das gute Miteinander mehr zählt als die Konkurrenz und der eigene Vorteil, aber auch der Buckelwal, der versucht, eine Robbe vor Orcas zu retten, oder eine Art Erste Hilfe durch spezialisierte Artgenossen bei Matabele-Ameisen.
Fazit: ein überaus lesenswertes Buch für all jene, die sich für biologische Themen interessieren und ein spannend geschriebenes, gehaltvolles uns überdies anschaulich illustriertes gutes Sachbuch zu schätzen wissen. Darüberhinaus ein Buch, das mit menschlichen Überlegensheitsgefühlen gründlich aufräumt.