Der 16jährige Albert lebt nach der Trennung seiner Eltern bei seinem Vater, einem introvertierten Mathematiker, in einem Haus in Blankenese. Seine Leidenschaft ist die Fotografie: so oft es geht, fährt er zum Hauptbahnhof und fängt mit seiner Kamera Abschiede auf, Augenblicke, in denen ihm die Menschen echter und wirklicher erscheinen.
Während er fotografiert, lernt er eines Tages Kati kennen: sie wirkt hart und verletzlich zugleich. Über sie lernt er auch Sascha und die anderen Straßenkinder kenne, die auf der anderen Seite der Gesellschaft zu stehen scheinen.
Als Kati sein Lieblingsbild entdeckt, in dem für ihn der perfekte Augenblick zwischen Abschiedschmerz und Glück eingefangen ist, reagiert sie wie elektrisiert auf das Foto und bezeichnet es als Lüge. Nach und nach erfährt Albert Katis wahre Geschichte – und gerät dabei immer tiefer in die fremde Welt der Straßenkinder im Bahnhofsmilieu zwischen Drogenrausch und Armut, Gewalt und Ausbeutung, Prostitution und Ohnmacht. Differenziert zeichnet er seine Figuren von Sascha mit seiner Drogensucht, seiner Gewaltbereitschaft, aber auch Loyalität gegenüber der Klicke bis hin zu einem Obdachlosen, der als nicht unwichtige Nebenfigur eine Rolle spielt. Von Albert und Kati ganz zu schweigen.
Dem Journalisten Christoph Scheuring ist ein bemerkenswert dichtes Jugendbuch gelungen, dass über seinen Protagonisten Albert einen tiefen Blick auf die andere, wenig beachtete Seite unserer Gesellschaft wirft. Verknüpft mit einer Liebesgeschichte folgen wir gebannt der Geschichte von Albert, Kati, Sascha und den anderen: Scheuring nimmt dabei kein Blatt vor den Mund und zeichnet mit schonungslosen Milieubeschreibungen und geschliffenen, harten Dialogen ein ungemein realistisches Bild. Dabei zeigt er große Empathie für seine Figuren – und lasst es so weit über sein Genre Jugendroman hinausreichen.
Dazu kommt, dass Scheuring sich nicht nur in seiner Materie (Jugendliche in disparaten Verhältnissen), sondern auch am Schauplatz der Handlung gut auszukennen scheint: wer das Buch als Hamburger liest, fühlt sich unmittelbar an die Schauplätze versetzt, sieht die Atmosphäre an den verschiedenen Orten der Handlung treffend eingefangen.
Ein überaus bemerkenswertes, tief berührendes und bewegendes Buch, das sich zugleich ausgesprochen spannend liest und weite Aufmerksamkeit verdient.
Ich habe gesehen, dass es das Buch auch bei uns in der Bücherei gibt, ich werde morgen schauen, ob es da ist. Danke für den Heinweis.
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Dann viel Glück!
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