Natürlich kann man, wenn man etwas über Plattentektonik, Erosion und den Aufbau des Erdkerns wissen will, ein entsprechendes, populär aufgemachtes Sachbuch über Geologie lesen. Gleiches gilt, wenn man etwas über die Lebens- und Überlebensbedingungen in großen Höhen erfahren will und vielleicht dann gerne zu einschlägigen Kletterabenteurerbüchern und Survivalratgebern greifen mag. Der italienische Autor und Fotograf Jacopo Pasotti, der gerne klettert und sich immer zu den Bergen hingezogen fühlte, hat aus eben diesem Grunde Geologie studiert, um möglichst viel in den Bergen herumstreifen zu können. Diese Leidenschaft ist in diesem Buch des für seinen Wissenschaftsjournalismus ausgezeichneten Autor deutlich zu spüren.
Vier Kapitel widmen sich den spannenden Fragen um Berge: zunächst widmet sich Pasotti dem Entstehen der Berge und steigt dabei im buchstäblichen Sinne tief in den Aufbau der Erde ein: die Plattentektonik nimmt er zum Ausgangspunkt, um anhand der Anden und des Himalaja Gebirgsentstehungsprozesse zu verdeutlichen. Dabei geht er auch auf Erdbeben, die Temperatur im Erdinneren, das Alter von Gebirgen und die Vermessung ein.
Nach diesen grundsätzlichen Fragen ist das Innere von Bergen Themen: Entstehungsprozesse, Aufbau und Veränderungen von Gesteinsarten sind dabei ebenso Thema wie Vulkanismus, Gesteine mit biogenem Anteil und Mineralien wie Quarz. Anschliessend geht Pasotti in die Aussenansicht mit dem Fokus auf der Form von Bergen und ihrer Veränderung, Höhlenentstehungen und auf die Veränderungen durch Eiszeiten, Erdrutsche und Gletscher. Das Leben auf Bergen gehört auch zu diesem Bereich des Themenspektrums – und Pasotti findet faszinierende Beispiele aus der Tier- und Pflanzenwelt, die die besonderen Anpassungserfordernisse anschaulich machen.
Natürlich ist das Thema Berge damit noch nicht abgeschlossen. Im letzten Kapitel stehen die klimatischen Bedingungen auf, über und um Berge herum im Mittelpunkt. Ob Kälte und Wärme, Wetterwechsel, Regen, Gewitter oder Schnee: Pasotti geht auch hier naheliegenden Fragen nach und findet Antworten. So erfahren wir nicht nur Verblüffendes über Schneeflocken und die Farbe des Schnees, sondern auch über Lawinenentstehung oder den Föhn. Zusatzinformationen in etlichen, farblich hervorgehobenen, in den Kapiteln untergebrachten Kästen runden das Buch schließlich ab und öffnen den Blick auf Randgebiete des Themas: so klärt Pasotti auf über die Entstehung des Ayers Rock, beantwortet die Frage, warum Gebirgsseen nicht zufrieren und bereichert uns mit dem Wissen um die größten Kristalle der Welt.
Wenn Sie jetzt gerne wissen möchten, wie groß diese Kristalle sind (und sie sind erstaunlich groß), noch nichts von unsichtbaren Bergen gehört haben oder über die Verbindung zwischen Ziehharmonika und Alpen aufgeklärt haben, muss ich sie leider auf dieses äußerst lesenswarte, ansprechend und anschaulich illustrierte Buch verweisen, dass ich gerne allen empfehlen möchte, die sich für Berge interessieren und sich zugleich für die Naturwissenschaften begeistern können.
Super Tipp (einmal mehr). Seit Goethes großartigen Aufsatz „Über den Granit“ (kennst Du den?) liebe ich solche geologischen Texte und Fragen. Meinen Dank!
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Oh, den kenne ich nicht – danke für den Hinweis. Mal sehen, ob die Bibliothek meines Vertrauens den hat. Granit liebe ich eh, vor allem den schwarzen. Viel Spaß mit dem Bergbuch!!
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