Unter den Romanen, die ich in diesem Jahr gelesen habe, waren etliche, die es wert wären, an dieser Stelle erwähnt zu werden. Entsprechend schwer fiel mir die Auswahl, die sich schließlich entsprechend dem radikal-subjektiven Ansatz dieses Blogs auf diese hier fokussierte:
Raoul Biltgens „Jahrhundertsommer“ löst beim Leser unwillkürlich eigene Reflexionen über die Liebe aus und fesselt von der ersten Seite an durch seine dichte Atmosphäre, ebenso starke wie zarte Bilder das subtil steigende Tempo und fast schon krimihafte Handlungselemente. Biltgen geht der Liebe in ihren Verästelungen, ihren Wirrungen, ihrer Gewalt und ihrer Zartheit mit großer Empathie für seine Figuren und sein Thema nach und erzählt so einen beeindruckend modernen und dabei spannenden Liebesroman, der ohne Sentimentalität auskommt, doch tief zu berühren vermag und lange nachwirkt. (Zur vollständigen Rezension geht es hier).
In Emily St. John Mandels „Das Licht der letzten Tage“ liegt der Fokus des dystopischen Buches weniger auf dem Überlebenskampf der Protagonisten nach einem apokalyptischen Szenario, sondern vielmehr darauf, was nach Verlust aller Technik, aller zivilisatorischen Errungenschaften bis hin zu Medizin, Recht und Gesetz an Menschsein, an Menschlichkeit übrigbleibt. So webt die Autorin ohne viele Actionelemente und vorbei an genreüblichen Klischees ein melancholisch schimmerndes, komplexes Gewebe zwischen verschiedensten Protagonisten.
Ein wunderbares Buch, das trotz der Düsterkeit des Themas und dem tiefmelancholischen Grundton tief zu bewegen vermag und seine Geschichte auf sprachlich hohem Niveau erzählt. Trotz der Schwere des Themas allen sehr empfohlen, die Literatur zu schätzen wissen, die zum Kern des Menschseins durchzudringen versucht und dabei noch spannend zu lesen ist. (Zur vollständigen Rezension geht es hier)
Dem Raumfahrtingenieur Phillip P. Peterson ist mit „Paradox : Am Abgrund der Ewigkeit“ ein überaus spannender, mit einer Unmenge Wissenschaft angereicherter und dennoch gut zu lesender Roman gelungen, der sich aus der Masse der Science-Fiction-Literatur heraushebt. Steht beim vergleichbaren „Marsianer“ die Frage nach Rückkehr eines einzelnen Menschen auf die Erde und damit den einzigen lebenswerten Bereich im Sonnensystem im Fokus, brechen bei Peterson mehrere Menschen in einer Crew, die erst nach und nach zusammenwächst, in die einsamen Weiten des Weltalls auf: dabei lassen sie eine von Konflikten und Krisen gezeichnete Erde zurück und machen zugleich am Rande des Sonnensystems eine dramatische Entdeckung, die den Menschen und seine Aggressivität vor dem Hintergrund der Unendlichkeit des Universums in einem geradezu erschreckend lächerlichen, ja traurigen Licht erscheinen lässt – und zugleich deutlich macht, wie zerbrechlich das Leben und seine Habitate im Weltall sind.
Ein hochspannender, dramatischer Roman, der Fiktion und Wissenschaft sowie die Genres Dystopie und Science Fiction hervorragend zu einer mitreißenden, im letzten Drittel allerdings auch äußerst bedrückenden Geschichte verbindet, die man nicht mehr aus der Hand legen mag und die noch lange nachklingt. (Zur vollständigen Rezension geht es hier).
Lars Mytting, der mich mit seinem Bestseller, dem Sachbuch „Der Mann und das Holz“ so begeisterte, dass ich mir am liebsten einen Stapel Holzscheite auf dem Balkon zugelegt hätte, legt mit „Die Birken wissen’s noch“ eine Familiengeschichte vor, die weit über ihr Genre hinausreicht. Der komplexe Plot reicht weit zurück ins 20. Jahrhundert und seine zwei grausamen Weltkriege. Mytting hält dabei bis zum Schluss die Spannung und lässt den Leser, der eng an der Seite der Hauptfigur Edvard steht, wie diesen bis nahezu zum Schluss im Ungewissen.
Dabei weiß Mytting starke Bilder und Stimmungen zu erzeugen und überzeugt überdies mit einer zuweilen überaus sinnlichen Sprache. Als Leser meint man das Holz zu riechen, um das es immer wieder geht, spürt das Meer, den Wind und die Erde an den Kartoffeln, die Edvard erntet. Für mich eines der schönsten Bücher dieses Jahres, das überdies auch in gestalterischer Hinsicht aus der Masse der Bücher herausragt. Ein tief berührender und sprachlich herausragender Roman mit melancholischem Grundton, der überzeugt und von der ersten Seite an fesselt. (Zur vollständigen Rezension geht es hier)
Rachel Weaver ist mit „Die Stille unter dem Eis“ ein äußerst beeindruckendes Romandebüt gelungen. Vor dem Hintergrund der wilden Schönheit Alaskas entfaltet sie eine intensive Geschichte über Liebe und Versöhnung und zwei Menschen, die beharrlich ihre tiefsten Geheimnisse und Verletzungen voreinander hüten und erst in der rauhen, ausgesetzten Einsamkeit der Leuchtturminsel entdecken, was sie wirklich brauchen, um mit den Verwerfungen ihres Lebens in Einklang zu kommen. Dabei weicht Weaver erfolgreich erwartbaren Entwicklungen der Geschichte aus und schafft es bis zum Schluss, sowohl die Spannung zu halten als auch den möglichen Ausgang der Geschichte in der Schwebe zu halten, in dem sie geschickt die einzelnen Fäden zu einem erst am Ende klaren und nachvollziehbaren Gesamtbild verwebt.
Wer Abenteuerromane in rauhen Landschaften zu schätzen weiß, die äußere Abenteuer in einer menschenfernen Wildnis mit den inneren Abenteuern der Menschen zu verknüpfen wissen, wird mit der Lektüre von „Die Stille unter dem Eis“ ein ebenso bewegendes wie nachhaltiges Lektüreerlebnis haben. Eine wunderschöne, ebenso dramatische wie berührende Geschichte, die ich gerne empfehle. (Zur vollständigen Rezension geht es hier)
Huhu,
„das Licht der letzten Tage“ gehört für mich auch definitiv zu den besten Büchern, die ich in diesem Jahr gelesen habe.
Liebe Gruesse, Melanie
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Hallo Melanie,
das freut mich: dann bin ich mit meiner Empfehlung dieser sehr besonderen und berührenden Geschichte ja nicht allein!
Herzlich grüßt Dich
Jarg
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