Sie haben eine Katze? Schön, denn das sind wunderbare Tiere. Vermutlich sind Sie dann wie etwa zwei Drittel der Menschheit) mit Toxoplasma gondii infiziert. Das ist ein relativ unspektakulärer einzelliger Parasit, der normalerweise Mäuse, Ratten und ähnliche Wirbeltiere als Zwischenwirt und Transportmittel zu seinem Hauptwirt nutzt, der Katze, die er zwingend oral betreten muss und in der er sich munter paart, um sie hernach im Katzenkot zu verlassen. Infiziert haben Sie sich gegebenenfalls vermutlich über ungewaschenes Gemüse aus dem Schrebergarten oder ungekochtes Fleisch. Bis auf vorübergehende Symptome merken Sie nichts davon, dass der Erreger sich in Muskeln und Gehirn einnistet.
Doch halt! Eine Veränderung gibt es doch: sind Sie männlich, wird Katzenurin nach der Infektion als angenehmer riechend empfunden. Und Toxoplasmenträger sind häufiger in Verkehrsunfälle verwickelt als Nichtinfizierte – ein Überbleibsel der Verhaltensweisen, die Toxoplasma gondii in seinen eigentlich Zwischenwirten auslöst, deren Risikobereitschaft er deutlich erhöht und somit zu leichterem Futter für Katzen macht.
Hier schliesst sich der Kreis. An diesem Beispiel aus dem Buch wird deutlich, welch großen Einfluss die Mikrobiologie auf unser Leben hat. Martin Moder, Molekularbiologe am Zentrum für Molekulare Medizin in Wien und erster Science-Slam-Europameister, vermittelt ins seinem ebenso anregend wie humorvoll geschriebenen Buch faszinierende und zum Teil bizarre Erkenntnisse der Molekularbiologie, deren Bandbreite von der Entstehung der ersten DNA über Liebe, Sexualität und Neurobiologie bis hin zu der durchaus nicht nur hypothetisch zu diskutierenden Fragen reichen, ob man Gedanken konservieren oder ausgestorbene Lebewesen mit Hilfe der Genetik neu erschaffen könnte. An vielen Beispielen wird deutlich, wie stark molekulare Strukturen unser Empfinden und Verhalten steuern und in Körperprozesse eingreifen. Spannende Untersuchungen an Fruchtfliegen, Fadenwürmern und Zebrafischen, aber auch an Menschen führen dabei zu faszinierenden Erkenntnissen, wie unser Alltag durch Biologie und genetische Ausstattung bestimmt wird.
Moder, der ausgesprochen anschaulich zu schreiben weiß, macht dabei deutlich, dass Leben nicht weniger faszinierend wird, wenn wir ihm seine Geheimnisse entreissen. Deutlich weist er darauf hin, dass nach den drei von manchen so empfundenen „Kränkungen“(Kopernikus, Darwin und Freud), die den Menschen seiner selbst postulierten Sonderstellung beraubt haben, mit der Genetik die vierte Kränkung ins Haus steht. Gleichzeitig macht er deutlich, dass wir zwar aus ganz gewöhnlichen, im Weltall weit verbreiteten Elementen bestehen, deren Materialwert kaum ein paar hundert Dollar übersteigt, dennoch aber die intelligenteste Spezies sind, der wir bisher im Universum begegnet sind: die Tatsache, dass wir mit allem Leben auf dieser Erde eng verwandt sind, sollte uns in unserem Selbstbewusstsein eher stärken.
Martin Moder ist ein wunderbarer Parforceritt durch die Welt der Biologie, Genetik und Molekularbiologie gelungen, der Wissenschaft auf ebenso humorvolle wie niveauvolle Art vermittelt und zugleich den Beweis erbringt, dass Wissen und Wissenschaft weder die Faszination noch das Staunen nehmen müssen über die Erscheinungen der Welt. Ein ausgesprochen faszinierendes Buch, dass sich mit enormen intellektuellem Gewinn lesen lässt und zugleich bestens unterhält.
Ohhh, das klingt gut !
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Ist es auch. Viel Spaß bei der Lektüre. Also falls …
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