Lange unterschätzt und fälschlicherweise in die biologische Nähe der Pflanzen geschoben, gehören Pilze tatsächlich zu den faszinierendsten Organismen auf unserem Planeten und beeinflussen nach neuesten Erkenntnissen das Leben auf unserem Planeten auf vielfältige Weise, ja machen es vielleicht erst in seiner ganzen Vielfalt möglich. Der österreichische Biologe, Naturschützer und Journalist Robert Hofrichter ist schon seit seiner Kindheit fasziniert von Pilzen: waren es damals noch die Schwammerln oder Speisepilze und ihre ungenießbaren bis giftigen Verwandten in Wald und Flur, erstreckt sich seine Neugier mittlerweile auf den ganzen Kosmos unterschiedlicher Pilzarten, der vom klassischen Ständerpilz bis zu Arten reicht, die in den Meeren und im Gestein wohnen.

In seinem überaus fesselnden Buch weist Hofrichter zunächst auf die Besonderheiten von Pilzen hin: mit ihren aus Chitin aufgebauten Zellwänden stehen sie den Insekten und damit den Tieren näher als den Pflanzen. Sie leben sowohl in Symbiose als auch als Schmarotzer oder Parasiten und können mit ihren Hyphen sogar kleine Lassos auswerfen, um winzige Fadenwürmer zu fangen und zu zersetzen. Sie dringen in guter oder eben auch hinterlistiger Absicht in Pflanzenzellen ein, verteilen ihre Sporen global durch die Luft oder lassen sich von Ameisen und Termiten seit Millionen Jahren kultivieren, ja haben mit ihnen eine gemeinsame Evolution durchgemacht.

Ihre Erscheinungsformen sind dabei ebenso vielfältig wie verwirrend. Es gibt sogar Pilze, die Pilze verspeisen – und natürlich gehört zu den Pilzen auch die faszinierende Welt der Flechten, einer echten Symbiose zwischen Pilzen, Algen und – nach neuesten Erkenntnissen einfachen Hefepilzen, die selbst unter rauhen Bedingungen ein Auskommen finden und ein guter Umweltindikator sind. Pilze können unterirdisch mit ihrem Myzel riesige Ausmaße annehmen und auch winzig klein sein.

Hofrichter, der Pilzkenner, geht natürlich auch auf die faszinierende Welt der klassischen Pilze ein und räumt mit etlichen althergebrachten Vorstellungen auf: rasch wird deutlich, dass auch früher als genießbar geltende Pilze nach neuen Erkenntnissen zumindest für einen Teil der Bevölkerung tödliche Risiken bergen können und manche Pilzsammlergewissheit hinterfragt werden sollte. Überraschend auch, dass nicht wenige Speisepilze den Geschmack des Bodens aufnehmen, aus dem sie ihre Nährstoffe beziehen. Als leidenschaftlicher Speisepilzsammler geht er auch auf die unterschiedlichsten wilden und kultivierten Arten ein, zeigt, dass auch ein harmloser Wildchampignon manchmal Risiken bergen kann.

Der Autor geht intensiv auf die Biologie, den Stoffwechsel und die Evolution der Pilze ein, vertieft auch die in den letzten Jahren ins Bewusstsein gerückte Bedeutung der Mykorrhiza mit Bäumen und anderen Pflanzen, die auch für eine nachhaltige Landwirtschaft wachsende Bedeutung erlangen dürfte. Die wachsenden Erkenntnisse über die Fähigkeiten von Pilzen, aber auch ihre vielfältigen Inhaltsstoffe können in Medizin, Biotechnik und Landwirtschaft vielfältigen Nutzen bringen. Pilze könnten unsere Böden sanieren und sogar Plastik entsorgen.

Aber Hofrichter geht noch weiter: er zeigt am Beispiel der Pilze, dass Evolution durchaus nicht nur den Stärksten überleben lässt, sondern Symbiose, ja Freundschaft, gegenseitige Hilfe eine mindestens ebenso starke  Bedeutung besitzen. So pathetisch es klingen mag, aber das ist die Botschaft der Pilze: biologisch hängt mit allem zusammen – und nur im Bewusstsein dieser Vernetzung werden wir langfristig überleben können.

Ein wunderbares, überaus fesselndes Buch über die faszinierende, vielfältige und bizarre Welt der Pilze, ohne die Leben auf unserem Planeten vielleicht gar nicht möglich wäre.