Trotz fortgeschrittenen Alters der Zwillinge kann ich ja von Bilderbüchern nicht lassen und fand auch in diesem Jahr auf verschiedenen Wegen etliche Perlen, von denen einige hier nochmal Erwähnung finden sollen.
„Der Reisepudel Archibald“ ist ein echter Klassiker, den James Krüss 1960 meisterhaft in schönen Versen erzählt. Jetzt wurden seine Abenteue mit nostalgisch angehauchten Illustrationen von Günther Jakobs neu herausgebracht und um einen kleinen Anhang erweitert, der drei veraltete, zum Teil politisch unkorrekte Formulierungen erläutert bzw. richtig stellt. Die Vielfalt Europas wird knuffig auf den Punkt gebracht. Ein wunderbarer, sprachlich herausragender und schön bebilderter Vorlesespass für grosse und kleine Leute, der auch lyrisch hochsensible Menschen wie mich mitreissen vermag. Ab ca. 4 Jahren.
„Bienen – Kleine Wunder der Natur“ lädt neben dem Vorlesespaß, der auch für lyrisch übersensible Menschen wie ich deutlich positiv zu bewerten ist, auch von der Gestaltung und dem Detailreichtum her zum Entdecken ein. Ein kleines, sprachlich und bildlich stimmiges Bilderbuch-Gesamtkunstwerk mit Gehalt und einem winzigen Marienkäfer, den es auf jeder Seite zu finden gibt.
Für kleine und große Natur- und Bienenfreunde ab 4 Jahren.
Ein herrliches Buch von David Melling ist Hopse-Häschen hüpfen los, das man mit viel Spaß wieder und wieder zur Hand nimmt und gut auch im Kindergarten einsetzen kann. Für alle kleinen und großen Freunde dieses besonderen Bilderbuchkünstlers mit seinem pointierten Blick auf die Welt von Kindern. Ab ca. 3 Jahren.
David Almond und dem Illustrator Dieter Wiesmüller ist mit „Nautilus Traum“ ein wunderschönes Buch gelungen, das mit beeindruckenden Bilder und unterschiedlich komponierten, aber immer atmosphärisch dichten Texten eine Welt ohne das Tier Mensch zeigt, in der andere Wesen betrachten, was übrig ist und die Interpretation der Welt nicht mehr Sache des Menschen ist. Ein philosophisches, melancholisches Gesamtkunstwerk, das abstrakte Gedanken durch eindringliche Bilder und Worte auf überaus sinnliche Weise vermittelt. Zugleich ist es ein spekulativer Blick auf die Welt aus den Augen der anderen Tiere, verbunden mit der Frage, wer die Welt erzählt, wenn das Tier Mensch fort ist. Ein magisches Buch – wie ein bizarrer, schöner und zugleich trauriger Traum. Für kleine und grosse Menschen ab 9 Jahren.
Kann das gut gehen? Ein Buch zum Vorlesen für die kleinen ganz ohne Bilder? Es kann, und zwar sehr gut. Schon in der amerikanischen Originalausgabe begeisterte B. J. Novak mit seinem schön gestalteten „Buch ohne Bilder“, das nur funktioniert, wenn man es vorliest: laut und manchmal leise. Und: man MUSS alles vorlesen. Selbst wenn es keinen Sinn macht, man sich beim Vorlesen schämen oder seltsame Geräusche machen muss. Wer sich darauf einlässt und diesen Vorlesespass mitmacht, wird mit schallend lachenden Kindern belohnt. Ein wunderbares. schön gestaltetes Buch, das sich ganz auf die Kraft von Worten, Aussprache und Intonation konzentriert und so auf spielerische Weise ein Verhältnis zwischen Vorleser und Kind schafft, dass die Vorzeichen und Machtverhältnisse bewusst umdreht. Aber nur dann, wenn man sich traut und sich dem Text, der gekonnt die Größe und Form der Buchstaben variiert und so fast beiläufig Einfluss auf das Lesen nimmt, ganz hingibt, ohne Gnade von den Kindern zu erwarten, denen man vorliest. Über die beiliegende CD kann man Adnan Maral lauschen, der seine Version zum besten gibt. Sehr empfohlen allen dem Schabernack nicht abgeneigten Wort- und Sprachliebhabern ab drei Jahren.