
Er brauchte Gewalt, sie war wie eine Bestätigung für ihn. Allmählich wurde sie für ihn zu einer Droge. Es beginnt ganz langsam, wie bei jeder Sucht. Man wird angezogen von einem romantischen, naiven Bild des Straßenkampfes und der Männlichkeit. Am Ende zerstört einen die eigene Sehnsucht. (S. 266)
Wer in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren in Hamburg in den sogenannten „besseren“ Stadtteilen aufwuchs, kam meistens wenig in Berührung mit der dem Kiez und den Jugendlichen, die in den düsteren Vierteln aufwuchsen. Manchmal sah man in der Schule vielleicht einen, der eine Bomberjacke trug und trotz seiner kiezfernen Sozialisation zu irgendeiner der sich zunehmend bildenden Jugendgangs gehörte. Aber das war die Ausnahme. Man ahnte dumpf, dass etwa der Stadtteil St. Pauli dabei war, sich zum sozialen Brennpunkt zu entwickeln. Den Fischmarkt und die Landungsbrücken besuchte man durchaus … aber dahinter war Niemandsland, ein Gebiet, dass man als Teenager nicht unebdingt betrat. So jedenfalls ging es mir als angehenden Erwachsenen, der erst später in seinen frühen Zwanzigern die Freuden großstädtischen Partynachtlebens auszukosten begann.
Wer dort aufwuchs, dürfte in der Regel keine einfache Sozialisation und in der Regeln auch vergleichsweise wenig Chancen gehabt haben. Michel Ruge wurde 1969 in St. Pauli geboren. Seine sehr junge Mutter war Kellnerin, sein Vater betrieb drei Bordelle.
In „Der Bordsteinkönig“ berichtet er auf ebenso eindringliche wie Weiterlesen