„Zwischen unserem gesellschaftlichem Status und unserem gesellschaftlichem Engagement klaffte eine Lücke. In diese Lücke konnte sich Miss Shepard mit ihrem Lieferwagen einnisten.“ (Alan Bennett).
Zunächst will Miss Sheperd nur, dass ihr zerdengelter Lieferwagen angeschoben wird. Der springt nämlich oft nicht an, wenn Miss Sheperd ihre rollende Behausung mal wieder versetzen muss, was Autofahrer oft zu Pöbeleien nutzen. Alan nimmt das irgendwann zum Anlass, Miss Sheperd und ihrem Gefährt Unterschlupf zu bieten in seinem Vorgarten. Da steht es dann mit Miss Sheperd als Bewohnerin – allerdings nicht nur ein paar Tage oder Wochen, sondern zwanzig Jahre.
Einmal angekommen, färbt der Verfall des Fahrzeugs und seiner Bewohnerin zwangsläufig auf das nähere Umfeld ab – und man möchte nicht wissen, was die kleinen Säckchen entahlten, die die Lady jeden Morgen aus dem Lieferwagen wirft. Und Miss Sheperd ist durchaus von sich überzeugt, hegt den Wunsch, mit Hilfe von Alan eine eigene Rundfunksendung zu bekommen, meint der offenbar viel zu weichen Margaret Thatcher Tipps geben zu müssen und hat überhaupt zu allem und jedem eine Meinung.
Alan Bennett schreibt in der ihm eigenen Mischung von realität und satirischer Überzeichnung die skurillen Details des Zusammenlebens mit Miss Sheperd – Lieferwagentür an Haustür – und lässt der exzentrischen alten Dame, deren Leben manches Geheimnis zu bergen scheint, im Verlaufe seines Berichtes über die zwanzig Jahre der Koexistenz trotzdem ihre Würde. Es ist nicht so ein genialer Wurf wie „Die souveräne Leserin“ – trotzdem ein Buch für Leser, die trockenden Humor und ein Gefühl für das Komische im Absurde haben.