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Hundsköpfe : Roman / Morton Ramsland

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Mit der Familie ist es so eine Sache – so richtig mann man sie sich nicht aussuchen: man muss irgendwie auskommen mit denen, die dazugehören oder besser das Weite suchen.
So geht es auch der Familie von Askild und Bjork: der Schiffsingenieur und ehemalige Schmuggler Askild wird durch den Aufenthalt im KZ schwer traumatisiert und kehrt 1945 nach kurzem Zögern doch nach Bergen (Norwegen) zurück, um dort gegen alle Widerstände Blork, die Tochter eines Reeders, zu heiraten. Doch Askild, der über sein Trauma nicht spricht, frönt dem Jazz, seiner wilden kubistischen Malerei, die er auch auf den Schiffsbau zu übertragen sucht und versucht trotz seiner Alkoholsucht seine Familie im Griff zu haben, auch als es sie nach Dänemark verschlägt. Bjork, die ihm drei Kinder gebiert, flieht derweil in Arztromane und Anekdoten und findet im Alter Trost an Konservendosen, die angeblich Luft aus Bergen enthalten. Um sie herum sind ihre Kinder und Verwandten: Segelohr, der Erstgeborene mit seinem Drang, Ungeheuer in Küchenschränke und an Wände zu zeichnen und dem Pech, jahrelang an den Ohren malträtiert zu werden ; Appelkopp, der vor seiner Vaterschaft auf die Weltmeere flieht und erst viele Jahre später, auch an heiklen Stellen tätowiert, zurückkehrt ; Raffzahn, der längst verblichene und doch prägende, geldgierige Patriarch der Familie und viele andere: ausgesetzt den Irrungen und Wirrungen des Lebens, der Pubertät, der Liebe und dem prekär zu durchquerenden Rhabarberviertel finden sie ihre eigenen, schrägen und nicht unbedingt als geglückt zu bezeichnenden Wege, auch wenn sie es nicht immer miteinander tun. Jetzt, als Bjork im Sterben liegt und die verstreute Familie um sich haben möchte, findet auch Asger, der Erzähler, Sohn von Segelohr und immer noch voller Angst vor dem „Hundskopf“ unter der Kellertreppe, aus Amsterdam zurück nach Dänemark und sucht nach den Gründen für das Schicksal dieser bizarren Familie und ihrer Angehörigen.
Morten Ramsland ist mit dem von Ulrich Sonnenberg ins Deutsche übertragenen Roman „Hundsköpfe“ eine furiose Familiengroteske gelungen, geschrieben in unprätentiösen, direkten Sätzen. So schwankt der Leser zwischen Lachen udn Traurigkeit, wenn er gebannt den zwischen Begabungen und Schicksalsschlägen hin- und hergestoßenen Familienmitgliedern auf ihren bizarren, verschlungenen Wegen folgt, ihrem unruhigen Leben als Norweger in Dänemark, ihren Jugendlichen, die sich den Nachstellungen ihrer Altersgenossen entweder stoisch stellen oder mit wilder Kraft entgegenstemmen, um sich schliesslich in der Pubertät Kämpfen und ausgesetzt zu sehen, die man sich kaum vorstellen mag. Ramsland führt seine Protagonisten dabei mit großer Empathie durch ihr verheerendes Schicksal – und wenn auch wenig Glück darin zu finden ist, so ist doch zu spüren, wie sehr der Autor seine Figuren liebt, die sich dem Leben und seinen Unabwägbarkeiten trotzig und rotzig entgegenstellen. So wird aus „Hundsköpfe“ eine wilde, bizarre Variante des „Hotel New Hampshire“ oder des „Geisterhauses“ – witzig und anrührend zugleich, der man sich nicht entziehen kann.

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