Der Narr am Hofe hielt dem König den Spiegel vor und konnte ihn dadurch manchmal und (meistens) ungestraft dazu bringen, Dinge zu überdenken. Auch und gerade heute brauchen wir Narren, um uns den Spiegel vorzuhalten. Einen Narren wie Ned, den Protagonisten der hier vorzustellenden amerikanischen Low-Budget-Produktion.
Ned arbeitet als biodynamischer Farmer auf dem Hof seiner Freundin Janet und zeichnet sich durch seine naive, kindliche Art und seine unerschütterliche Ehrlichkeit aus: er verkauft Officer Washburn auf dessen dringende Bitte hin gutgläubig eine Portion Haschisch – und muss prompt für acht Monate ins Gefängnis. Und das halt ungeahnt weitreichende Folgen:
Als er auf die Farm zurückkehrt, ist Jenny auf einmal mit Billy zusammen und weigert sich, Neds Hund „Willie Nelson“ herauszurücken. Sie macht Ned aber das großzügige Angebot, für eine Übergangszeit von zwei Monaten im Ziegenstall übernachten zu können. Ned macht sich nun auf, die dafür erforderlichen 500 Dollar bei seiner Familie zusammenzubekommen.
Doch Ned treibt nicht nur seinen Bewährungshelfer zur Verzweiflung: seinen zunächst nachsichtigen und hilfsbereiten Schwestern Liz, Nathalie und Miranda geht er schon bald gehörig auf die Nerven und bringt ihr bürgerliche Leben gehörig durcheinander. Ned ist bald Dauergast in einer der drei Wohnungen und hilft, wo er kann – oder die ihn für minderbemittelt haltenden Schwestern glauben, dass er es kann. Doch Ned in seiner Naivität und rückhaltlosen Ehrlichkeit sorgt für eine Menge Ärger und Verwirrung, der schliesslich in eine handfesten Familienkrise mündet. Doch etwas hat sich geändert und die drei Schwestern beginnen, ihr Leben zu überdenken …
Trotz des Titels ist „Our Idiot Brother“ (ein Independent-Film der Produzenten von „Little Miss Sunshine) eine warmherzige Tragikomödie um einen naiven, liebenswerten Erwachsenen, der durch seine rückhaltlos offene und ehrliche Art für Verwirrung sorgt und letztlich für Veränderung. Die in ihren 30er Jahren befindlichen Protagonisten, allen voran Ned (Paul Rudd) sind durch die Bank liebevoll gezeichnet und geben im Zusammenspiel dem Film seine sanfte, tragikomische Note. Ned wird zum Katalysator für einen rückhaltlos offenen, erfrischenden Blick auf moderne Liebesbeziehungen, Lebensentwürfe und städtisches Leben.
Wohltuenderweise berzichtet der Film auf Humor der schenkelklopfenden Art und zieht aus der mit Blick fürs Detail arrangierten und komponierten Geschichte erheblichen Charme. Man ertappt sich nach einem wundervollen Abend mit diesem Film unwillkürlich bei dem Gedanken, dass so ein Ned in der Familie so übel nicht wäre.
Bestimmt ein sehenswerter Film….den ich im Moment wohl nicht verkraften kann….sehe ich doch gerade in Großformat wie unserer Familien-Ned Tag für Tag um ein kleines Stückchen Platz in unserer tollen Normalo-Welt kämpfen muss……vllt. später mal….
LikeLike
Das kann ich gut verstehen, wenn Du persönlich so nah am Thema bist – und hoffe, dass er sich allen Raum erkämpfen kann, den er braucht.
Herzlich grüsst
Jarg
LikeLike
Vielen Dank!
LikeLike
Gerne 🙂
LikeLike
So ein Ned wäre auch in der Regierungsbank nicht so übel. 😉
LikeLike
Oja, direkt zwischen Frau M. und dem Vizekanzler – das wäre nicht schlecht. Wahrscheinlich würde er zur Kabinettssitzung immer ein paar Haschplätzchen mitbringen 😉
LikeLike
Hallo Jarg,
das hört sich mal nach einem Film an, für den es sich direkt lohnen könnte, doch mal die Bedienungsanleitung vom DVD-Player zu lesen…
Aus Deiner Besprechung habe ich rausgelesen, dass vor allem die grundsätzliche Ehrlichkeit von Ned ihn in den Augen der anderen zum naiven Idioten macht. Man erlebt das ja durchaus selber zuweilen und fragt sich, was eigentlich los ist in der Welt. Mehr naive Idioten braucht die Welt – und danke für den schönen Tipp.
Liebe Grüsse, Kai
LikeLike
Hallo Kai,
der Film lohnt sich sicher. Die naive Offenheit und Ehrlichkeit von Ned ist schon in den Anfangssequenzen gut zu sehen …
Dann wünsche ich Dir viel Spaß mit dem Film.
Liebe Grüsse von
Jarg
LikeLike
Hat dies auf Ulla Keienburg s Blog rebloggt und kommentierte:
„… dass so ein Ned in der Familie so übel nicht wäre.“ Solche Menschen fordern heraus – und das ist eben anstrengend für die Ewig- Sich- Zurückhaltenden – und es macht reich! Danke für die Rezension.
LikeLike
Gern geschehen!!
Leider scheitern sie auch oft, die „Narren“, an der Unfähigkeit der „Normalen“, über den Tellerrand zu sehen und die Welt einmal mit anderen Augen zu betrachten.
LikeLike
Zu oft erlebt – seit fast 30 Jahren hautnah – diese Angst vieler Menschen, sich in dem „Narren“ zu spiegeln.
LikeLike
Es können halt auch nur wenige über sich lachen und die Befreiung daran erfahren – und die meisten nehmen sich selbst viel zu ernst! Zum Glück gibt es immer wieder „Narren“ mit Spiegel
LikeLike
nicht alle werden schon vorher abgetrieben…. gott sei dank 🙂
LikeLike
Zum Glück … !
LikeLike
Ja.
LikeLike
Genau!! 😉
LikeLike