Der Bücherwurm ist ja gemeinhin ein schwer fassbares Wesen, umfasst er doch zum einen Menschen mit einem Faible, ja einer Leidenschaft für Bücher, zum anderen eine ganze Bandbreite von Insekten, die sich von Büchern angezogen fühlen – sei es, um darin zu wohnen, sei es, um sie zu verspeisen.
Hektor Haarkötter befasst sich mit beiden Varianten des Bücherwurms – der trockennasenaffenartigen (vulgo: Mensch) und der insektenartigen. Er geht der Frage nach, was einen menschlichen Bücherwurm auszeichnet, ja ob er möglicherweise gar nicht der Freund des Buches ist, als den man ihn gemeinhin bezeichnet, sondern möglicherweise sein ärgster Feind. Aufklärung tut Not und die historisch-solziologische Abgrenzung zwischen dem Bibliomanen und dem Bibliophilen wird sorgfältig, gewissermaßen mit dem sprachlichen Seziermesser und mit ausgezeichneter Textsicherheit vorgenommen.
Die tierische Variante des Bücherwurm hingegen schien es zunächst nicht zu geben, zu vielfältig ist das Spektrum, zu unterschiedlich sind die Vorlieben und die möglichen Schadensbilder. Nimmt man den Begriff ernst, so reduziert sich DER Bücherwurm insektenhaftiger Art auf verschiedende Nagekäferarten.
Haarkötter zeigt den Weg der Forschung von den antiken Autoren auf der Spur des Bücherwurms bis zum heute feststehenden Stand der Wissenschaft, nachdem sich zwar an die hunert Insekten- und Spinnenarten mit Büchern wohlfühlen, aber nur wenige spezifische sie im Larvenstatus zu zerstören imstande sind. Schon 1774 wurden von interessierter Seite Untersuchungen gefördert, die Verbreitung und den möglichen Schaden durch Bücherwürmer zu untersuchen.
So liegt es natürlich nahe, in der Erforschung des Bücherwurms die Parallelen zwischen der Human- und der Insektenvariante zu suchen und neben den wahren Freunden des Buches auch ihre Feinde auszumachen: die Vielleser, die Bibliomanen, die, o ja, die Bibloothekare, die es stempeln, sigeln, beschriften, bekleben und solcherart zurichten, das der wahre Bücherfreund sich mit Grausen abwendet.
Ein ausgesprochen kurzweiliges Hörbuch und ein intellektuelles Vergnügen zugleich, weiß doch Haarkötter seine Quellen spannend und humorvoll zugleich miteinander zu verbinden.
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