
Nach 25 Jahren trifft sich eine Gruppe von Freunden wieder, alle mittlerweile Mitte Vierzig, desillusioniert und mit den üblichen Lebensversehrheiten und Erfahrungen dieses Alters, die das Wiedersehen nicht unbedingt einfach machen. Geplant ist ein Wochenende in einer abgelegenen Berghütte, die vor einem Vierteljahrhundert Schauplatz der letzten Zusammenkunft war. Nach und nach und zum Teil in Begleitung treffen sie ein – bis auf den einen, der dieses Treffen organisiert hat.
In der ersten Nacht beobachten sie ein seltsames Himmelsphänomen am Nachthimmel. Überrascht und zunehmend beunruhigt stellen sie kurz darauf fest, dass nicht nur ihre Handys ausgefallen sind, sondern auch der Strom. Die Autos lassen sich nicht mehr starten und es lassen sich auch keine Flugzeuge mehr beobachten.
Bald wird klar, dass das Phänomen von Dauer ist und die anfänglich mit Scherzen beschwichtigte Unruhe weicht zunehmender Beklemmung. Als auch noch einer von ihnen verschwindet, beschliessen sie, sich auf den Weg in die nächstgelegene Stadt zu machen. Auf ihrem Weg begegnen sie keiner Menschenseele – und dann beginnt einer nach dem anderen zu verschwinden, sich ohne Vorwarnung regelrecht in Luft, in Nichts aufzulösen. Die Spannungen und Ängste in der kleiner werdenden Gruppe wachsen und je weiter sie durch die menschenleere Landschaft wandern, um so mehr wächst die Angst vor dem Ende – dem Ende von allem.
David Monteagudo ist ein beklemmender dystopischer Roman gelungen, der kontinuierlich im Handlungsverlauf an Spannung zunimmt. Ähnlich wie in Cormack McCarthys „Die Straße“ erfahren wir nicht, was eigentlich passiert ist. Im Fokus stehen die Emotionen einer Gruppe von Menschen, die sich plötzlich mit dem Ende der menschlichen Zivilisation konfrontiert werden und keinen Ausweg aus dieser Lage finden. Die dabei entstehende Atmosphäre verdichtet sich zusehends und überträgt sich nahezu nahtlos auf den Leser.
Monteagudo lässt uns (und auch seine Protagonisten) dabei bis zum Schluss im Zweifel, ob es doch noch eine rationale Erklärung für alles gibt. Seine geschickt aufgebaute Geschichte nimmt sich dabei Zeit für die Entfaltung, nimmt dann aber zusehends an Fahrt auf und entfaltet nicht wenig von ihrem Reiz durch die bloße Andeutung, die der Fantasie Raum zum Ausmalen gibt. So wird die Verzweiflung der immer kleiner werdenden Schaar der Überlebenden am Ende zu der unseren in Anbetracht einer offensichtlichen „Welt ohne uns“, die des Menschen nicht bedarf – des Menschen, der vielleicht erst jetzt ihren Zauber zu würdigen weiss.
Ein ausgesprochen düsteres, dabei ungemein spannendes Buch, dessen Sog man sich kaum entziehen kann. Monteagudo arbeitet mit starken Bildern, Schnitten und einem sorgfältig inszenierten Spannungsbogen – und so wundert es nicht, dass der Roman bereits verfilmt wurde (Besprechung des Filmes folgt in Kürze).
Klingt, als ob ich dieses Buch lesen sollte. Danke für’s Teilen!
LikeLike
Gern geschehen!!
LikeLike
klingt sehr spannend ! Das könnte was werden mit uns 😉
LikeLike
Dann wünsche ich viel Spaß. Der Film ist auch ganz gut … aber anders. Mehr dazu später …. 😉
LikeLike
Puh, das klingt gruselig. Und ich dachte erst noch, oh, nett, klingt nach einer netten Freundesgeschichte. 😉 Ich habe vor kurzem „Blackout“ von Marc Elsberg gelesen, das war auch nicht direkt nur entspannend. Anscheinend hat die Thematik Stromausfall gerade Hochkonjunktur, aber das ist auch kein großes Wunder. Liegt ja auf der Hand, so abhängig wie wir inzwischen sind.
LikeLike
Liebe Doris,
ja, das ist auch unheimlich: wobei das Grauen nie so konkret sichtbar wird, eher zwischen den Zeilen schwingt und sich so verstärkt. Aber klar: es ist eine Dystopie und als solche halt schon bedrückend – und ungemein spannnend zugleich.
Herzlich grüsst
Jarg
LikeLike
Wow, gehört hatte ich von dem Buch schon öfters, es ist aber irgendwie dann doch nie in die engere Auswahl gekommen – nun steht es ganz oben auf meinem Weihnachtswunschzettel. Danke für die schöne Besprechung. 🙂
LikeLike
Gern geschehen, liebe Mara. Ich bin gespannt, ob es Dich ebenso beeindruckt wie mich!
Liebe Grüsse von
Jarg
LikeLike
Habe sofort an „Die Wand“ denken müssen. Und ich möchte mich Madame Flamusse anschließen: 40+ heißt nicht immer „schlecht drauf“. In seine 40er hat man oft einen besseren Start als in seine 20er.
LikeLike
„Die Wand“ – auch so ein Buch, was ich unbedingt noch lesen muss. Danke für die Erinnrung daran.
Ja, die 40 haben auch einige Vorteile: man weiß mehr, was man will – und was nicht. Und wird gelassener … ! Mal sehen, wie es mit der 5 vorne dran ist. Ist bei mir ja nicht mehr so weit. Anfang 50 klingt jedenfalls so schön nach Anfang, Aufbruch, Neubeginn, Hoffnung 😉
LikeLike
🙂 Ja, wir schlittern alle drauf zu auf die große 5. 😉
Ich habe „Die Wand“ vor vielen Jahren gelesen, das Buch hat mich ziemlich geschockt. Gut, vielleicht war das Drumrum auch nicht so günstig (ich lag im Krankenhaus), aber trotzdem … sowas Beklemmendes habe ich selten gelesen. „Blackout“ hat mich phasenweise an genau diese Beklemmung erinnert. Mit der Zivilisation und dem gesitteten Zusammenleben kann es ziemlich flott vorbei sein, sobald es existienziell wird…
LikeLike
Ja, das stimmt: die Firniss der Zivilisation ist sehr dünn … und wir sind näher am Tier als wir denken. McCarthys „Die Straße“ ist ja ähnlich existenziell. Schöner Kontrapunkt dazu übrigens: Schmidt-Salomons aktuelles Buch über unsere guten Seiten
LikeLike
puh ich glaube das wäre mir zu gruslig, aber spannend klingt es, sehr. Ich hatte ja immer gehofft das vom Schwarm Autor Schätzing mal so ne Story kommt wo der Strom versagt..und damit dann auch nach und nach alle Technik.
Was ich auch nicht verstehe warum alle um die 40 immer so desillusioniert sind (ok vom Wortstamm könnte es auch heißen von der Realität erleuchtet) – also landläufig ist das ja das Wortfür nicht gut drauf. Ich finde das ein prima Alter 🙂
LikeLike
Wie sagen meine Frau und ich immer: Ab vierzig geht noch was!! Bei ihr Pferd, bei mir Improtheater. Wer weiss, was ab 50 kommt – sofern die Technik nicht ausfällt und nach und nach alle verschwinden 😉
LikeLike
hihi, find ich auch mit dem da geht noch was, und ich hoffe das bleibt so für immer 😉
LikeLike
Mir ist eine 102jährige bekannt, die mit 95 ihre erste Motorradfahrt hatte. Zwar auf dem Sozius, aber immerhin. Ich strebe dann mal den Fallschirmsprung mit 90 an … 😉
LikeLike