
Die enorm gestiegene Wirtschaftskraft Chinas und schließlich die Sommerolympiade in Peking haben das allgemeine Interesse an China, den Chinesen und ihrer ungewöhnlichen Mentalität zwischen Kapitalismus und Maoismus auch bei uns wachsen lassen. Etliche in Buchform erschienene Reiseberichte haben in den letzten zwölf Monaten dieses Interesse aufgenommen – aber wer könnte besser über China Auskunft geben als jemand, der wie der Titanic-Kolummnist Christian Y. Schmidt, der mit einer Chinesin verheiratet ist, seit zwei Jahren in China lebt und überdies selbst noch nicht so genau weiß, was China eigentlich ausmacht.
„Was machst du eigentlich in China?“ fragt ihn jedes Mal auf Chinesisch der Müllmann in seinem Pekinger Wohnblock, wenn er ihn sieht – und eines Tages sogar auf Englisch. Schmidt nimmt sich diese Frage zu Herzen: er will unter Chinesen leben, Chinesisch lernen, alles über China wissen und – ja – am Ende Chinese werden. Wenigstens ein bisschen. Also macht er sich auf die Reise von Ost nach West und folgt per Bus und Bahn folgt der Nationalstrasse 318, dem 5386 km langen „Windknochen Chinas“, der vom Gelben Meer im Osten bis nach Tibet führt. Er gelangt vom glitzernden Ostchina des 21. Jahrhunderts bis zu den auf vorindustriellem Niveau lebenden Nomadenvölkern und Bauern des Ostens, kommt am größten Staudamm der Welt und der größten Stadt der Welt, Chongqing, vorbei, sieht zahllose Klöster, heilige Berge, Tempel Prunkschuppen, Discos und den Mount Everest. Er überlebt Erdrutsche und Massagen chinesischer Ringerinnen, Tortenschlachten mit Soldaten, Einladungen zum Essen, die chinesische Bürokratie und kuriose Erlebnisse in chinesischen Verkehrsmitteln.
Seine Reiseerfahrungen schildert er mit Witz und Sinn fürs Absurde und spart dabei auch nicht mit Kritik an ästhetisch fragwürdigen modernen Bauten oder dem Verhältnis zum Umweltschutz. Als Insider und Außenstehender zugleich gelingt ihm ein humorvoller Blick auf die chinesische Gegenwart und den Alltag in diesem riesigen Land mit seinen zahllosen Völkern. Wer mehr über das China hinter der offiziellen Olympiaberichterstattung erfahren will oder gar eine Reise plant, die nicht nur in den Osten führt, ist mit Christian Y. Schmidt nicht nur bestens bedient, sondern wird sich auch königlich unterhalten fühlen.