Die Heartsease unter Kapitän Marmaduke ist 1616 zum Walfang weit in die Arktis nach Spitzbergen (genauer: in eine Bucht auf der Insel Edgeøya) hinausgefahren. Nach der erfolgreichen Fangsaison soll es rechtzeitig vor dem Wintereinbruch zurückgehen. Nur Thomas Cave will – provoziert durch eine Wette – den Winter über in der Bucht bleiben und beweisen, dass man den arktischen Winter überleben kann. In einer kleinen Hütte, mit Proviant, seinem Schuhmacherwerkzeug und seinem Notizbuch stellt sich Cave der Kälte und der Dunkelheit. Doch er sieht sich nicht nur durch die Wildnis, durch Angst und Aberglauben herausgefordert, sondern wird durch die Einsamkeit auf nie gekannte Weise mit seiner eigenen, von extremer Trauer um die Frau, die er liebte, überschatteten Vergangenheit konfrontiert.
Ein meisterhaftes Stück Literatur, nicht nur in den gelungenen Beschreibungen einer extremen Natur, der Brutalität der Walfänger und in der Genauigkeit der historischen Recherche, sondern auch in Aufbau und Stil. Harding gelingt es, den Leser tief in die Seele des Thomas Cave eintauchen zu lassen, dessen Einsamkeit in der Arktis die Trauer zu einem Punkt kristallisieren lässt, an dem Scheitern und Wahn ebenso möglich scheinen wie das Überleben. Cave ist glaubhaft verändert nach der arktischen Nacht, hat eine Stärke gewonnen, die ihn von den anderen trennt und ist doch innerlich gebrochen. Die in den Roman geflochtene Zivilisationskritik wird nie penetrant und verbindet sich mit in der Figur des Thomas Cave gebündelten philosophischen Reflexionen über Mensch, Einsamkeit, Natur und Zivilisation. Ein wunderbarer, hoch literarischer Roman.
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