
Harmlos beginnt das Buch: Guy beschreibt, wie er mit seiner vierjährígen Tochter Freya das Wunder eines Tautropfens beobachtet, Doch wenige Seiten später nimmt das Unglück seinen Lauf und es wird klar, dass sich Guy an den Tod seiner Tochter durch ein wildgewordenes Pferd vor fünf Jahren erinnert. Seither ist er wie aus dem Leben geworfen, und nachdem seine Frau Judy sich von ihm getrennt hat, zieht er auf einen alten Frachter an der englischen Nordseeküste. Nachts schreibt er stundenlang Tagebuch und erfindet darin das Leben, dass seine Familie geführt hätte, wenn Freya nicht ums Leben gekommen wäre. Zeitgleich setzt er sich immer wieder der Gefahr auf dem Meer aus, als suche er den Tod. Doch dann lernt er Marta und ihre Tochter Rhona kennen – und muss sich entscheiden zwischen dem erfundenen Leben seiner Tagebücher und dem wirklichen Leben.
Jeremy Page ist ein wunderbares Buch gelungen, dass einen nicht unberührt lässt: In dichter, unpathetischer Sprache versetzt er den Leser in die traurige, trostlose Welt von Guy. Zugleich schildert er die raue Natur an der englischen Nordseeküste und auf dem stillen wie dem sturmbewegten Meer – so gut, dass man die salzige Luft auf der Zunge spürt, das Schiff ächzen hört und die Wellenberge direkt vor einem aufzuragen scheinen. Ein melancholisches, tieftrauriges Buch, atmosphärisch dicht, sprachlich ungemein schön geschrieben und mit einem offenen Ende, das einen Hauch von Hoffnung verspricht. Eines der Bücher, die mich in diesem Jahr am meisten angesprochen haben. Im Mare-verlag erschienen und sehr schön aufgemacht.
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