Norwegen, 60er Jahre. Der 6jährige Lillebror ist unglücklich, seit er zusammen mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder aufs Land gezogen ist: Freunde für ihn sind nicht in Sicht, und er fühlt sich rasch einsam. Sein Vater versucht weiter erfolglos, als reisender Vertreter Unterwäsche zu verkaufen, seine Mutter verdingt sich deshalb im Dorfladen – und sein liebevoller, aber auf seine Weise einsamer Bruder kürzt rasch aufgrund des Anpassungsdrucks seine für die Zeit ungewöhnlich langen Haare.
Doch dann wird ein seltsam geformter Zweig für Lillebrot zu seinem imaginären Freund Knerten, der mit ihm spricht und seine Ängste und Vorlieben teilt. Zusammen mit Knerten entdeckt Lillebror schliesslich, dass man auch mit Mädchen spielen kann, als ihm die wie eine Prinzessin erscheinende Vesla auf ihrem Pferd Pegasus begegnet und die drei Freunde werden.
„Mein Freund Knerten“ ist eine wunderbare Umsetzung des bei uns in den 60er Jahren veröffentlichten und leider derzeit nicht lieferbaren Kinderbuches „Lillebror und der Knorzel“ von Anne-Catharina Vestly. Er zeigt die Kraft der kindlichen Fantasie, die sich gegen die durch den Umzug geschaffene Einsamkeit und Lillebrors Ängste eine fantastische Gegenwelt aufbaut, in der Knerten und die Prinzessin Vesla im Mittelpunkt stehen. Knerten wird zur Projektionsfläche für Lillebrors Ängste und Sehnsüchte – und hilft Lillebror auf diese Weise, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Dabei findet der manchmal im besten Sinne recht doppelbödige Film sowohl für Kinder als auch für Erwachsene Anknüpfungspunkte. Altersgerecht lösen sich die im Film gezeigten Konflikte meistens relativ rasch und fast magisch. Er zeigt demgegenüber auch die wenigen bedrohlichen Situationen (wie Knertens Entführung durch die zwei Mädchen oder Lillebrors Fiebertraum) zwar in einer für einen Kinderfilm zunächst unerwarteten Drastik, die aber durch die rasche Auflösung auch dem sensibelsten kleinen Zuschauer keineswegs überfordern, auch wenn er für einige lange Sekunden nach der Hand des erwachsenen Begleiters greifen mag. Dem Film gelingt außerdem durch die Ausstattung und Kulisse, unterstützt durch die ruhige Inszenierung, eine hervorragende gute Rückführung in die Atmosphäre der 60er Jahre.
Jargs Zwillinge waren begeistert von diesem Film, den wir am letzten Urlaubstag in einem Hamburger Programmkino sehen konnten. Ein besonderer und ausgesprochenen empfehlenswerter Kinderfilm, der auch Erwachsene, die ein Faible für den nordischen Film haben, zu überzeugen vermag und nicht nur neugierig auf die Bücher mit Knerten (bzw. auf Deutsch: Knorzel) als Hauptfigur macht – sondern auch auf den für Deutschland bereits angekündigten zweiten und den i Norwegen schon aufgeführten dritten Teil.
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