Warum haben Menschen nur noch auf dem Kopf Haare, sind ansonsten aber unbehaart? Überlebt immer der Stärkere? Weshalb lieben wir Blumen? Warum haben Vögel Federn, wenn nicht zum Fliegen oder Wärmen? Warum sind Zenras gestreift, Elefanten aber nicht? Sind Wale ein Rückschritt der Evolution? Warum ging der Mensch aus Afrika fort und was hat das mit den Streifen der Zebras zu tun? Sterben wirklich so viele Arten? Hat der Klimawandel auch positive Auswirkungen? Ist das Leben draussen auf dem Land wirklich so idyllisch und wild – oder doch eher in der Stadt?
Die Naturgeschichte(n) von Josef Reichholf wagen einen Parforceritt durch eine Reihe von Irrtümern und Mißverständnissen in unseren Vorstellungen über die Natur, über Tiere, Pflanzen und ökologische Zusammenhänge. Der bekannte Naturwissenschaftler macht dabei vor (Denk)tabus nicht halt und hinterfragt auch kritisch unser Verhältnis zur Natur und zum Naturschutz, das allzuoft – vom romantisierenden Idealen geprägt – die Anpassungsbereitschaft von Tieren und Pflanzen unterschätzt und lediglich konserviert, wo Evolution doch unvermeidlich ist. Dabei weist er auch auf das Mißverhältnis hin von unserem Faible für die „schöne Landschaft“ etwa im Anblick blühender Rapsfelder und wogender Weizenfelder draussen vor den Toren, hinter denen sich in Wahrheit eine verarmte Natur versteckt, und der vermeintlich grauen Großstadt, die heute zumeist mehr Artenvielfalt bietet als viele Naturschutzgebiete und Nationalparks.
Von den Pinguinen zu den Zebras, vom Biber bis zur Tsetsefliege, von der Kornrade bis zur tropischen Orchidee, von den Tropen bis zur durchkultivierten landschaft Mitteleuropas reicht das Kaleidoskop seiner naturwissenschaftlichen Betrachtungen über Flora und Fauna. Dabei widmet er sich sich ökologischen und evolutionsbiologischen Aspekten ebensosehr wie dem widersprüchlichen, oft nicht klischeefreien oder gar von einem fundamental falschen Naturverständnis geprägten Verhältnis des Menschen zur Natur. Er zeigt letztlich, dass auch wir nur ein Teil der Natur sind, sie uns über leben wird, da auch wir aussterben können wie jede andere Art, die bisher auf diesem Planeten gelebt hat.
Das alles erzählt Reichholf anschaulich und spannend, zeigt dabei verblüffende Zusammenhänge und Erkenntnisse auf, die bei aller mit feinem Humor gewürzten kritischen Sachlichkeit den leser, die Leserin Staunen machen: beglückt, bereichert und nicht wenig verwundert über unvermutete Verbindungen, Ursachen und Aussichten schliesst der Leser, die Leserin das Buch. Vielleicht erzählt er danach seinen neben ihm sitzenden Kindern, wie das wirklich war mit der Tsetsefliege, dem Zebra und dem Menschen, und er steckt sie ein wenig an mit der Begeisterung für die Natur und ihre überraschenden Volten und Wendungen. Was mehr kann man von einem Buch verlangen!
Startseite » Bücher » Naturgeschichte(n): Über fitte Blesshühner, Biber mit Migrationshintergrund und warum wir uns die Umwelt im Gleichgewicht wünschen / Josef H. Reichholf
Ganz toll!
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