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Erschieß die Apfelsine : Roman / Mikael Niemi

„Es ist nicht leicht, ein Klassenzimmer zu betreten, wenn man keine Haut mehr hat. Wenn man rundum neu und empfindlich ist wie eine frisch geschlüpfte Libelle …“.

Für den 16jährigen Erzähler besteht seine Klasse nur aus Arschgeigen, die alles haben und deren Weg bereits von den Eltern geebnet wird, und Idioten, die resignierend schlossen haben, nicht weiter aufzufallen und sich damit abzufinden, dass immer die Arschgeigen vorne sind. Er selbst hat sich auch immer „in der Mitte gehalten“, war „grau“. Doch jetzt hat er sich gerade unsterblich blamiert: nicht nur, dass er sich in die Schulschönheit verliebt hat – er hat ihr diese Liebe vor aller Augen eingestanden. Er beschliesst, dass er dann ebensogut jetzt auch auffallen könnte, geht im Putzkittel seiner Mutter zur Schule und verfasst provokative Gedichte, die er anonym und zum Ärger der Schulleitung an der Schulpinnwand veröffentlicht. Fortan ist er, der absolute Aussenseiter, Zielscheibe für den Spott und die Aggressionen vieler in der Schule – gewinnt aber auch die Aufmerksamkeit des schwarzhaarigen Mädchens aus dem musischen Bereich der Schule. Und von Pålle, der aus schwierigen Verhältnissen stammt, von seinem Vater geschlagen wird. Pålle macht den Erzähler mit seinem Geheimnis, einem alten Bunker im Wald, vertraut, mit seinen Waffen und seinen Plänen. Die Geschichte nimmt eine dramatische Wendung …
Das von Christel Hildebrandt aus dem Finnischen ins Deutsche übersetzte „Erschieß die Apfelsine“ ist ein atmosphärisch dichtes Buch über die Nöte des Erwachsenwerdens, das weit über sein Genre hinausreicht und hohe literarische Qualitäten aufweist. Niemi gelingt es, in der Figur des Ich-Erzählers die Seelen- und Gefühlswelt eines pubertierenden 16jährigen zu verdichten und lässt den Leser teilhaben an dessen dramatischer innerer Entwicklung, die zunächst, in Verbindung mit dem anderen Außenseiter Pålle und dessen Plänen, ein schreckliches Ende erwarten lässt. Doch Mikael Niemi lässt seinen Protagonisten, der mit Gedichten einen Weg aus seiner Verzweiflung sucht, diesen letzten Weg nicht gehen und gibt dem Roman damit am Ende eine überraschende Wendung.
Niemi erzählt mit skurillem Humor, scharfem Blick für Zwischentöne und solide aufgebautem Spannungsbogen. Er zieht den Leser, der voller Sympathie und Bangen den Protagonisten auf seinem schmalen Weg zu sich selbst begleitet, schnell in seinen Bann. Die Figur des Pålle, dessen Amoklauf der Held in letzter Sekunde verhindern kann, spiegelt sich dabei auch im Hauptprotagonisten, der aber aus den Demütigungen und Aussetzungen seiner späten Pubertät andere Schlüsse zieht als dieser.

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