Betrachtet man das Titelbild des hier vorgestellten Buches und hat man zugleich im Bewußtsein, dass es von einer amerikanischen Autorin geschrieben wurde, könnte man leicht auf den Gedanken kommen, dass einen im Inneren des Buches Kitsch erwarten würde, Projektionen menschlicher Emotionen auf hübsche Tierbilder und entsprechende Geschichten süsslicher Art.
Wohltuenderweise ist das Gegenteil der Fall. Jennifer S. Holland stellt in „Ungleiche Freunde“ in knapp 50 kurzen, prägnanten Berichten ungewöhnliche Freundschaften zwischen Tieren vor, die unterschiedlicher nicht sein können: Zierkarpfen (Koi) und Hund, Nilpferd und Schildkröte, Nashorn, Warzenschwein und Hyäne, Gorilla und Katze, Greyhound und Uhu oder Schwarzbär und Katze.
Nicht wenige der porträtierten Tiere leben in Reservaten und Auffangstationen für verletzte Tiere, manche in Privathaushalten oder Zoos. Holland beschreibt, durch welche Ausgangssituation die zum Teil in freier Wildbahn einander gleichgültigen oder sogar miteinander verfeindeten Tiere in eine Lage kamen, die ein artgrenzenüberschreitendes Interesse möglich werden, Neugier und offensichtliche Zuneigung zutage treten liessen. Berührend etwa die Geschichte eines kenianischen Flußpferdbabys namens Owen, dass durch den Tsunami 2004 seine ganze Herde verlor und selbst auf einem Riff knapp überlebte. Im Haller-Safaripark in Mombasa sollte es ein neues Heim finden und „marschierte schnurstracks auf Meze zu“ (eine 130 Jahre alte Riesenschildkröte). Seither sind die beiden unzertrennlich, frisst Owen die gleichen Gräser wie Meze. Beide haben untereinander ein Laut- und Gebärdenrepertoire entwickelt, dass sich deutlich von dem ihrer jeweiligen Artgenossen unterscheidet und ihnen hilft, sich zu verständigen. wenn man weiß, wie wenig zutraulich Nilpferde üblicherweise sind, ist das eine erstaunliche Geschichte – und von diesen Geschichten gibt es viele in diesem Buch.
Holland weist darauf hin, dass es zwar problematisch ist, menschliche Empfindungen auf Tiere zu übertragen, Tiere aber ein wesentlich breiteres Arsenal am Emotionen, Empfindungen und empathischen Verhaltensmerkmalen besitzen als wir es ihnen gemeinhin zutrauen, und zitiert dazu auch Jane Goddall:
„[Es ist] völlig unmöglich, mit Tieren zusammenzuleben und sich mit ihnen zu beschäftigen und nicht zu erkennen, dass jedes eine eigene Persönlichkeit hat. Sind Tiere zu Gedanken und gefühlen fähig? Defintiv!“ (S. 14)
Ein wundervolles, wenngleich im druckfrischen Zustand olfaktorisch (Druckfarbe? Bindung?) recht penetrantes Buch über ungewöhnliche Freundschaften, dass den Respekt vor Tieren und ihren uns schwer zugänglichen, aber ganz offensichtlich vorhandenen Gefühle steigen lässt. Gut auslüften lassen – und dann staunen.
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Liebe Petra,
danke für das Rebloggen. Es freut mich, dass Dir das Buch so gut gefallen hat, dass Du es selbst empfiehlst!
Herzlich grüsst
Jarg
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Ha, ich hab’s gewusst, es ist genau DAS buch. Angenehmer Nebeneffekt: mir wird mal wieder schön vorgelesen 🙂
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Das freut mich beides sehr – sowohl der Haupt- als auch der Nebeneffekt!! 🙂
Liebe Grüsse von
Jarg
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Das Buch ist wirklich schön gemacht. Diese unglaublichen Bilder von sehr außergewöhnlichen Tierfreundschaften. Die Texte geben die nötigen Erklärungen dazu. Lohnt sich wirklich.
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Man sieht Tiere wirklich nochmal mit anderen Augen … Danke für Deinen Kommentar und herzliche Grüsse von Jargon
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Ein wunderbares Geschenk für einen ( jungen) Menschen, für den auch zwischenmenschliche Freundschaften aufgrund seiner autistschen Wahrnehmung der Welt immer ungleich sind…..
Danke für den Tipp!
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Gern geschehen. Ich denke, dieses Buch vermag viele innerlich zu bewegen und zu berühren und wünsche es dem erwähnten jungen Menschen auch.
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Wir werden sehen 🙂
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Gibt es auch Fotos im Buch? Das ist schon immer wieder erstaunlich mit der lieben Tierwelt. Für mich war das aber schon immer klar mit den Gefühlen und den Tieren. Allerdings muß man dazu auch mal mit Abstand schauen und das Tier eben sein lassen und beobachten. Bei mir versuchen sich grad 2 Katzen anzufreunden, das is nicht ganz so einfach – liegt wohl auch am Altersunterschied.
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Ja, das Buch hat eine Menge Fotos! Wären nicht immer noch die erläuuternden Artikel dazu, könnte man es kaum glauben und würde das Buch in die Kitschecke verbannen.
So banal es ist – aber bei solchen Bildern wird deutlich, wie sehr wir selber Tiere sind und wie nah wir ihnen sein könnten.
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das ist gut: wie sehr wir selber Tiere sind….leider lernen wir das tierische allzusehr zu verbergen bzw. gar zu verdrängen….
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Das stimmt. Wären wir uns unserer tierischen Natur bewusster, statt zu denken, wir wären besser, schlauer, stärker, könnte manches anders sein.
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ich glaube wir wären freier 😉
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Unbedingt! Und vielleicht würden wir dann endlich sehen, dass es zu einem glücklichen, erfülltem, mit offenen Augen und Herzen geführten Leben nicht viel braucht …
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Jedem Dierschen sein Pläsierschön 🙂 Und dann potenziert sich sozusagen die Freiheit zur Liebe und alte Traumen würden heilen und neue nicht enstehen…schön!
Leider sind viele Menschen in der positiv_denken_Ecke ziemlich entfernt von Schatten und tierischen Anteilen und dann wird das mit der Liebe auch nix…aber es gibt zum Glück auch andere Beispiele. Ich habe heute mal in die Integrale Lebenspraxis reingeschnuppert, das wird spannend.
http://reingelesen.wordpress.com/
Guts Nächtle
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Ja, positiv denken ist ganz übel. Ich möchte meine Krisen und Schatten nicht miesen. Danke für den Link: da schaue ich nachher mal rein – auf meinem Wischwegmobilphone ist das immer so ein Gefrickel
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