Auch am Anfang des 21. Jahrhunderts und nach vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die alte Mythen und überholte religiöse Vorstellungen zur angeblich besonderen und herausgehobenen Stellung des Trockennasenaffen namens Mensch auf diesem Planeten entkräftet haben, sieht sich ein Großteil der Menschheit gegenüber den Tieren immer noch als überlegen an: schliesslich können wir strategisch planen, bestehen komplizierte Tests, haben ein Selbstbild von uns, haben eine Kultur, die sich über Generationen entwickelt und verändert und geben uns Namen. Natürlich heben viele auch hervor, dass angeblich nur der Mensch über Gemeinschaftssinn, eine „Theory of Mind“ und vor allem über Sprache verfüge.
Bei genauerer Betrachtung bleibt von all diesen angeblichen Besonderheiten des Menschen nicht so viel übrig. Selbst Ameisen können sich nach neuesten Versuchen im Spiegel erkennen, Delphine geben sich Namen, Spinnen verfügen über individuelle Vorlieben und Schnecken drehen gerne freiwillig Runde um Runde im Hamsterrad.
Karsten Brensing entzaubert mit zahllosen Beispielen den Mythos von der Besonderheit des Menschen und lässt und zugleich staunen über die verblüffenden Fähigkeiten von Tieren, die weit über das hinausgehen, was man noch vor wenigen Jahren für möglich gehalten hat: so entwickelten Meisen einen von nachweisbar grammatikalischen Strukturen und Syntax geprägten Gesang. Der Spaß am sinnfreien Spiel, der vor wenigen Jahrzehnten nur dem Menschen zugestanden wurde, findet sich bei etlichen Tierarten, Unehrlichkeit wird wahrgenommen und sanktioniert, und bei Buckelwalen und ihren Gesängen finden sich sogar Phänomene, die sich mit der Vorliebe vieler Menschen für aktuelle Songs vergleichen lassen: das Repertoire verändert sich und neue „Hits“ werden gerne von anderen Individuen übernommen.
Dem Meeresbiologen und Autor Brensing ist ein überaus faszinierendes und berührendes Buch gelungen, nach dessen Lektüre man anders auf Tiere und ihr Verhalten blickt. Verständlich, dass Brensing auch hier wie bereits in Persönlichkeitsrechte für Tiere dafür plädiert, Tieren Persönlichkeitsrechte zuzugestehen und damit zu befördern, dass sie respektvoller und artgerechter behandelt werden. Viele anschauliche Bilder und Links (vor allem zu Youtube-Videos) verdeutlichen Brensings Anliegen, die Tiere näher zu uns Menschen zu rücken, überaus deutlich. Ein sehr empfehlenswertes Buch für alle, die sich von der Natur faszinieren lassen, den Menschen an sich nicht so wichtig nehmen und keine speziezistischen Scheuklappen tragen.
Oh, die beiden Bücher von diesem Autor hören sich richtig spannend an – das könnte auch für mich (und meinen Blog interessant sein). Tolle Rezension!
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Gern geschenen. Ich wünsche Dir eine anregende Lektüre, liebe Kathrin.
Einen guten Wochenstart wünscht Dir
Jarg
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