Schon als Kind war der Autor fasziniert von Tieren und Pflanzen, war nur schwer von der Beschäftigung mit Insekten, stundenlangen Streifzügen durch die Natur und anderen Beschäftigungen mit der heimischen Flora und Fauna abzuhaken. Aus der Leidenschaft wurde ein Beruf: heute ist Jan Haft, der nach Abitur und Zivildienst beim Bund für Vogelschutz Geologie, Paläontologie und Biologie studierte, mehrfach ausgezeichneter Dokumentarfilmer im Tier- und Naturfilmbereich mit eigener Firma. Und er ist Besitzer eines Bauernhofes im Isental, das schon mehrmals für seine Filme zum Thema wurde und in dem auch seine eigene Wiese liegt, die in diesem Buch zum Ausgangspunkt für das Thema wird.
Das Buch von Haft, ausgehend von dieser mittlerweile wieder extensiv genutzten Wiese im Isental, ist eine Expedition in Buchform zu einer Form von Wildnis, die in Deutschland selten geworden ist. Seit 1953 wurden mit der Flurbereinigung – verstärkt durch Gesetze aus den 2000er Jahren, 99% aller früher extensiv genutzten, artenreichen Wiesen zerstört, die immerhin einmal ein Drittel unseres Landes bedeckten. Grund dafür ist neben der Flurbereinigung und der damit einhergehenden, durch große Maschinen begünstigten intensiven Grünlandnutzung die Überdüngung durch Gülleeintrag, die nur wenige Pflanzenarten fördert und damit die Vielfalt stark zurückgehen ließ. Insektizide und Kunstdünger, die sich nicht auf den Acker beschränken lassen, auf dem sie ausgebracht werden, leisteten einen weiteren Beitrag zur Zerstörung und damit auch zum Rückgang der Insekten und Wildkräuter in Zahl und Vielfalt. Dabei gibt es nicht nur eine Wiesenart, sondern viele unterschiedliche Ausprägungen dieses bemerkenswerten Biotopes, abhängig von Untergrund, Vernässung, lokalem Klima, der Höhenlage und anderen Faktoren.
Haft versteht es, seinen Leser zu fesseln und ihm nicht nur die biologischen und ökologischen Zusammenhänge zu vermitteln, sondern ihn auch für die Pflanzen und Tiere auf der Wiese selbst zu begeistern, für ihre zum Teil skurrilen Überlebensstrategien und gegenseitigen Abhängigkeiten. Schilderungen von einzelnen, faszinierenden Symbiosen gehen dabei mit dem Blick auf das grßse Ganze bis hin zum Verhängnis der industriellen Landwirtschaft einher, die viele Wiesen durch das häufige Mägen ihrer Artenvielfalt beraubt. Dabei gibt er am Ende Hinweise, wie aus seiner Sicht die Wiese als dringend notwendiges Biotop gerettet werden kann.
Das schön illustrierte, spannende und anschauliche Buch von Jan Haft weiß für einen Lebensraum zu begeistern, an dem wir – wenn es ihn überhaupt noch gibt – oft achtlos vorbeigehen. Wer es gelesen hat und durch die Lande fährt, hat einen anderen Blick auf all das Grün da draußen, das oft nicht mehr ist als eine öde Grünfutteranbauwüste. Wer dann doch eine Wiese entdeckt, die noch Vielfalt beherbergt, wird sie mit anderen Augen sehen, wird nach der Lektüre dieses Buches merken, dass sie anders riecht, süßer, würziger vielleicht, und sowohl neugierig werden als auch wütend, weil diese Vielfalt so selten geworden ist.