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Das entehrte Geschlecht : Ein notwendiges Manifest für den Mann / Ralf Bönt


Nein, dies ist kein Buch des Backlash, kein antifeministischer Hexenhammer, der einen rückwärtsgewandten Rundumschlag gegen durch die Frauenbewegung defintiv erreichte gesellschaftlichen Verbesserungen führt, auch wenn manche Rezensenten es dem Buch vergeblich nachzuweisen versuchen. Ralf Bönt zeigt dagegen in seinem Buch nüchtern und respektvoll auf, in welchen Bereichen auch die Männern durch die Frauenbewegung erheblich an Freiheit und Lebensqualität gewonnen haben. Aber er zeigt auch die Schattenseiten des gegenwärtigen Mannseins, geprägt durch eine drastisch kürzere Lebenserwartung, wesentlich höhere Selbstmordraten und eine auch von Männern gestützte gesellschaftliche Diskussion, die den Mann als minderwertig, gefährlich, gescheitert abqualifiziert.
Heftig übt er Kritik an den negativen, pauschalisierten Männerbildern, die dem Mann etwa den angeblichen Traum von der ewigen Verfügbarkeit der Frau unterstellen und an der Reduzierung des Mannes auf den Penis als angebliche Waffe. Dabei zeigt er auch alltägliche Verzerrungen auf wie die am Eingang des Buches geschilderte Spielplatzszene, bei der ein Freund auf Initiative der umstehende Mütter von der Polizei kontrolliert wird, weil er seiner Tochter die Strumpfhose richtet, oder die Selbstverständlichkeit, mit der eine Standesbeamtin einer jungen, unverheirateten Mutter rät, das Sorgerecht nicht zu teilen – wohlgemerkt im Beisein des Kindsvaters. Bönt legt den Finger in die Wunde und benennt, was viele – auch viele Männer – aufgrund der vorherrschenden politischen Korrektheit, nicht hören wollen: etwa, dass im Vietnamkrieg über 50.000 Männer getötet wurden und nur 8 Frauen, oder die zunehmende Verrohung des Frauenfussballs, der einmal so wohltuend anders und spielerischer war und sich jetzt in der Brutalität dem Männerfußball annähert, dessen Verrohung ebensowenig jemand zu hinterfragen wagt. Kritisch und ohne die üblichen Tabus weist er dem Feminismus sexistische Argumentationsweisen nach und fordert zu Recht eine diskrminierungsfreie Diskussion der Geschlechter und Geschlechterrollen ein.
Dabei jammert Bönt nicht noch stellt er irgendwelche kruden männerbewegten Traszendierungsbestrebungen aus wie sie in den 90er Jahren üblich waren. Stattdessen fordert er die gleiche Wertschätzung für den Mann, die gleiche Rücksicht und Akzentanz, das gleiche Mitgefühl, wie sie heute mit gutem Grund für Frauen gelten. Ziel ist für ihn eine Begegnung auf Augenhöhe, ohne die überflüssigen Polemisierungen, die pauschalen Werturteile und Abwertungen (wie man sie jüngst wieder in der Beschneidungsdebatte erleben kann; Anm. v. Jarg). Dabei zeigt er Respekt vor den Leistungen der Frauenbewegung ebenso auf wie er deren in verkrusteten Debatten der Vergangenheit erstarrten reaktionären Positionen angreift und fordert die Frauen auf, „aus dem historischen Wutbad auszusteigen“ und sich zu überlegen, „wie sie sich die Männer vorstellen, mit denen sie leben wollen“. Sachlich, direkt und nüchtern leitet er daraus drei Forderungen dessen ab, was die Männer brauchen.
1. Das Recht auf ein karrierefreies Leben. Der Mann muss auch jenseits einer beruflichen Stellung respektiert werden.
2. Das Recht auf Krankheit jenseits der Vorwürfe von Hypochondrie und Fühllosigkeit
3. Das Recht auf eine geehrte Sexualität jenseits von Ablehnung, Diffamierung, Kapitalisierung und Krininalisierung
Diese drei Forderungen ergänzt er um eine Aufforderung:
4. Überlegt euch gut, was ihr Machbares von uns und für uns braucht. Dann überlegen wir uns, inwieweit wir dabei sind.
Ein kluges, scharfsinniges Buch über den Mann als das komplexe, menschliche Wesen, das er ist. Es nimmt sowohl die betroffenen Männer wie die Frauen in die Pflicht nimmt und fordert eine achtsame, von gegenseitigem Respekt geprägte Diskussion der Geschlechter ein.

Ein Kommentar zu “Das entehrte Geschlecht : Ein notwendiges Manifest für den Mann / Ralf Bönt

  1. Nach David Deirdes schwer esoterisch angehauchtem, aber dennoch ernstzunehmenden „Der Weg des Mannes“ fehlte seit langem solch ein Buch. Danke, dass du es gefunden und vorgestellt hast.
    Liebe Grüße von der hochsommerlichen Küste Norfolks
    Klausbernd

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