Wenn ich meine Augen zu mache, sehe ich, dass alles, was mich erschaffen hat, in unsichtbaren Teilen um mich herumfliegt. Wenn ich genau hinsehe, verschwinden sie. Und dann, wenn es ganz still wird, sehe ich, dass sie da sind. Ich sehe, dass ich ein kleines Teil eines riesengroßen Universums bin – und dann ist alles gut. (Filmzitat)
Die sechsjährige Hushpuppy, fanstasievolle und der Natur zugewandte Hauptfigur und gleichzeitig Erzählerin des Films, lebt mit ihrem sterbenskranken Vater, dem Fischer Wink, in „The Bathtub“, einer kleinen, heruntergekommemen Bayou-Siedlung auf einer kleinen Insel irgendwo in den Sümpfen im Süden der USA. „Bathtub“ liegt ausserhalb des Deiches – und damit auch ausserhalb der geregelten, zivilisierten Welt, die Hushpuppie nicht kennt und in die sich die Bewohner von „The Bathtub“ weigern zu ziehen. Irgendwann, so erzählt Hushpuppy, wird ein Sturm kommen und alles zerstören. Denn das Universum ist aus dem Gleichgewicht geraten. Deshalb bereiten die von Fischfang und wenig einfacher Landwirtschaft lebenden Bewohner die Kinder auf die Zeit danach vor.
Wink weiß, dass er krank ist, versucht das aber vor Hushpuppy zu verbergen und sie auf die Zeit danach vorzubereiten. Doch dann kommt der Jahrhundertsturm, lässt die Siedlung im Wasser versinken und setzt aus dem schmelzenden Eis der Arktis prähistorische Ungeheuer frei. Nur die kleine Hushpuppy verliert ihren Mut nicht angesichts des drohenden Untergangs ihrer Welt, der Welt …
Stellen Sie Telefon und Türklingel ab. Verdunkeln Sie die Fenster. Verzichten Sie auf Popcorn. Suchen Sie sich eine bequeme Haltung auf dem Sofa. Schliessen Sie die Augen, vergessen Sie alles, was Sie sind und jemals waren, schalten sie den cerebralen automatischen Filmanalysator ab und stellen Sie sich vor, Sie würden träumen. Dann drücken Sie auf der Fernbedienung auf Play, starten den Film und öffnen die Augen. So ungefährt sollten Sie sich vorbereiten, wenn Sie diesen aussergewöhnlichen amerikanischen Independent-Film sehen wollen.
„Beasts of the Southern Wild“, Dystopie und magisch-realistischer, Fantasyfilm zugleich, bezaubert mit einer starken, opulenten Filmsprache, die aus der einfachen Handlung – Mädchen sieht tapfer dem Untergang der Welt entgegen – durch die Kraft der schauspielerischen Darstellung und die suggestiven Bilder der Geschichte eine ungeahnte Tiefe geben. Liebe und Tod, Gemeinschaft und Untergang sowie die Tierhaftigkeit des Menschen sind Themen dieses Films und geben ihm seine Lebendigkeit und Unmittelbarkeit. In der kompromisslosen Zurschaustellung, der nicht selten kaum erträglichen Drastik des Elends der Bayoubewohner, ihres vom unbedingten Willen zum Leben und zur Lebensfreude gekennzeichneten Überlebenskampfes findet der Film etwas Tiefers, Elementares und zeigt den Menschen als verletzbares und verletzliches, fanstasievolles Lebewesen.
Außergewöhnlich ist die Leistung der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten fünfjährigen Quvenzhané Wallis aus Louisiana. Wallis, die über keine Schauspielerfahrung verfügte, bezaubert mit ihrer kraftvollen Darstellung und ihrem subtiel Mienenspiel: sie zieht furchtlos in diese Heldenreise, bezaubert mit ihrem Lächeln ebenso wie sie mit ihrem Zorn erschreckt und mit ihrem Blick Untiere bannen zu können scheint. Konsequent konzentriert sich der Film auf ihre kindliche Sicht.
Dabei verzichtet er wohltuend auf jegliches esoterisch-religiöse Geschwurbel (wie etwa der unsägliche Spielfilm „The Fountain“) und verlässt sich ganz auf die Kraft seiner Bilder und seiner Geschichte: lässt man sich ganz auf die kindliche Perspektive der Erzählung ein, beschwört er die Kraft der Liebe, der Gemeinschaft, der trotzigen Leben-wollens und des kindlich-unverstellten Blickes gegen die Unausweichlichkeit des Todes, der Vergänglichkeit und der Ausgesetztheit des Menschen.
Ein fantastischer Film des magischen Realismus voller Leben, Wildheit und elementaren Gedanken, wunderbar inszeniert und gespielt, hervorragend in der musikalischen Untermalung mit einem gehaltvollen Subtext, der noch lange nachwirkt. Schalten Sie also nach dem Film ihr Bewußtsein wieder an – und schauen Sie, welche Bilder und Gedanken ihnen kommen nach diesem besonderen Film.
Nominiert für vier Oscars, auf vielen Festivals ausgezeichnet und mit dem großen Preis der Jury des Sundance Fuilm Festivals 2012 ausgezeichnet.
EIn absolutes Highlight, da stimme ich dir zu. Von der Schauspielkunst der Kleinen war ich unendlich beeindruckt, und dann diese wundervollen Bilder. Sehr eindringlich, sehr stark! Schön, was Filme jenseits von der Hollywood-Maschinerie vermögen.
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Ja, zum Glück gibt es auch kleine, feine Independent-Filme in den USA, die viele Blockbuster alt aussehen lassen.
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Ein toller Film und ja, Jarg auf einer großen Bildschirm sind die Bilder ein Genuss. Außerdem hoffe ich auf weitere Auftritte der kleinen Schauspielerin – Ausnahmetalent!
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Die Kleine war wirklich der buchstäbliche Hammer. Sehr präsent, sehr beeindruckend. Mal sehen, ob und was da noch kommt …
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Einer der wirklich „GUTEN“, wir waren begeistert!
LG, Petra
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O ja!! Nur der Bildschirm hätte größer sein können … waren die Bilder doch recht opulent.
Liebe Grüsse von
Jarg
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