Alex Ross, Musikkritiker beim „The New Yorker“, hat sich der Musik des 20. Jahrhunderts angenommen: in „The rest is noise“ beschäftigt er sich mit den Veränderungen und radikalen Wandlungen – etwa Zwölftonmusik, Minimal Musik, serielle Komposition – denen die klassische Musik im 20. Jahrhundert ausgesetzt war. Er beginnt mit den zu ihrer Zeit kurz vor dem ersten Weltkrieg revolutionären Komponisten Mahler und Strauss, und spannt den Bogen weit von Strawinsky, Schostakowitsch, Sibelius, Schoenberg und Copland, über Duke Ellington, Leonard Bernstein, Benjamin Britten und Olivier Messiaen und viele andere mehr bis hin zu Stockhausen, John Cage, Lou Reed, Velvet Underground, Steve Reich und Philip Glass.
Er beleuchtet die moderne Musik unter den Bedingungen der Diktatur eines Stalin oder Hitler, den besonderen Umständen des New Deal unter Roosevelt und des kalten Krieges später. Ross zeigt die Einflüsse und Verbindungen auf, denen die Musik des 20. Jahrhunderts ihre Entwicklungen verdankt und die sich aus Jazz, Gospel und Soul ebenso speisen wie aus dem Bebop und den Improvisationen eines Charlie Parker oder Dizzie Gillespie. Dabei blieben die Einflüsse nicht einseitig – und wer bei Ross erstaunt liest, wie beispielsweise David Bowie, Velvet Underground oder Brian Eno ebenso wie später Trance, House und Techno, ja sogar Hip-Hop von der Musik etwa eines Philip Glass oder Steve Reich profitierten, hat nur noch einen Wunsch nach der Lektüre dieses dicken, aber unerhört anregenden, faktenreichen und sprachlich angenehmen Buches: mehr wissen und vor allem mehr hören! Auch dafür bietet Ross eine Lösung, denn am Ende empfiehlt er zu jedem Kapitel nicht nur weiterführende Literatur, sondern auch mehrere, seiner Ansicht nach prägende und exemplarische Aufnahmen, die sämtlich auch auf CD erschienen sind. Wem auch das nicht reicht, dem sei der Blog von Alex Ross empfohlen.
Ein hervorrragend recherchiertes, fakten- und geschichtenreiches, wunderbares Buch, das dem Leser den faszinierenden Kosmos der Musik des 20. Jahrhunderts öffnet und entsprechend dem Untertitel „Das 20. Jahrhundert hören“ Lust macht auf mehr.