
Hochgelobten Filmen, zumal wenn sie aus den USA kommen, bringt man ja oft ein gewisses Misstrauen entgegen, weil Qualität nur zu oft durch geschicktes Marketing ersetzt wird. Bei „Precious – das Leben ist kostbar“ ist Voreingenommenheit absolut nicht angebracht, wohl aber sollte man sich bewusst sein, dass es kein „Feel-Good-Movie“ ist, was einen da erwartet:

Harlem, New York im jahr 1987: Claireece „Precious“ Jones ist 16 Jahre alt und muss die Schule abbrechen: sie ist funktionale Analphabetin und zum zweiten Mal schwanger. Ihr erstes Kind – die mit Down-Syndrom zur Welt gekommene Lil’Mongo, wird von der Grossmutter grossgezogen. Claireece lebt bei ihrer arbeitslosen, hoch depressiven und gewalttätigen Mutter.
Schnell wird klar, dass die extrem übergewichtige Claireece von ihrem Vater regelmäßig vergewaltigt wurde und er auch für die zwei Schwangerschaften verantwortlich ist.
Ein tief beeindruckender, aufwühlender Film!
Die Direktorin, die sie trotz akzeptabler Noten wegen der Schwangerschaft von der Schule verweist, empfiehlt ihr ein alternatives Lernprojekt namens „Each One Teach One“. Gegen den Willen ihrer Mutter, die Claireece auffordert, Sozialhilfe zu beziehen, da sie eih zu dum sei, besucht sie die Schule. Durch die engagierte Lehrerin Miss Rain schafft sie es, Lesen und schreiben zu lernen. Sie bringt ihr Kind zur Welt, ist entschlossen, es zu behaltenn und wird für eine Weile stationär aufgenommen. Ihre Mitschüler besuchen sie regelmäßig und zum ersten Mal in ihrem Leben fühlt Claireece so etwas wie Geborgenheit.
Doch als sie mit dem Baby heimkehrt, kommt es zum Eklat mit der gewalttätigen Mutter. Claireece flieht mit dem kleinen Abdul … nur durch Miss Rains Hilfe findet sie einen Unterschlupf für sich und ihr Kind.
Precious ist ein bedrückender Film über Gewalt, Vergewaltigung und Inzest. Die hoffnungslose Lebensituation, der sich Claireece ausgesetzt sieht (unglaublich gut und vielschichtig: die Mutter, gespielt von Mo’Nique), ergreift und wühlt auf. In geschickten Ein- und Rückblendungen erfährt der Zuschauer mehr und mehr von Claireece Geschichte und von ihren Träumen, mit denen sie aus schrecklichen Situationen flieht und sich in eine Welt versetzt, in der sie Spaß hat und geliebt wird. Ein tieftrauriger, harter Film, dessen Geschichte man zwischen Traurigkeit, Entsetzen und vagen Hoffnungsschimmern hin- und hergerissen verfolgt bis zum Ende: hier nur gibt es nicht einen Hauch des amerikanischen Happy-End-Kitsches, den man normalerweise erwarten würde. Claireece findet ihre ganz eigene Stärke, und auch wenn man nicht weiss, wohin ihr Weg sie führen wird, geht sie am Schluss des Films ihren eigenen Weg. So abstossend und schrecklich die Bilder sind, die der Film findet für seine Erzählung, so tief ist am Ende das Mitgefühl und die Sympathie für Claireece, grossartig gespielt von der bisher unbekannten Gabourey Sidibe. Überraschend die schauspielerische Leistung von Mariah Carey – die ich normalerweise nicht ausstehen kann – als Sozialarbeiterin Miss Weiss.
lai
Startseite » Scheibenwelt » Film » Spielfilm » Drama » Precious – Das Leben ist kostbar / Regie: Lee Daniels. [Drehb.: Geoffrey Fletcher n. d. Buch „Push“ v. Sapphire.] Kamera: Andrew Dunn. Musik: Mario Grigorov. Darst.: Gabourey Sidibe ; Mo’Nique ; Paula Patton, Mariah Carey, Lenny Kravitz, Sherri Sheperd …