Fredrik Sjöberg, selbst eins ein manischer Sammler von Schwebfliegen der seltenen Gattung Callicera, macht etwas ganz Besonderes: er macht uns in diesem Buch mit den Ergebnissen seiner jahrelangen Nachforschungen auf den Spuren eines exzentrischen Naturwissenschaftlers bekannt. Das wiederum macht er so geschickt und verbunden mit eigenen, durchaus vergleichbar exzentrischen biografischen Details, so plastisch und zugleich humorvoll, dass uns die Vergangenheit auf einmal ganz gegenwärtig scheint und ein heute vergessener Naturforscher wie der Schwede Gustav Eisen, um den es hier geht, in all seiner Exzentrik, aber auch seinen heute zumindest in Schweden fast. vergessenen Leistungen lebendig erscheint. Oder haben Sie gewusst, dass wir Eisen, Nestor der regenwurmforschung seiner Zeit, die Rettung der Mammutbäume und den Sequioa-Nationalpark zu verdanken haben, er seinen Freund August Strindberg beim Studium und der Schriftstellerei finanziell unterstützte, sich als der Regenwurmspezialist seiner Zeit intensiv mit Darwin austauschte und ausserdem noch die Bibel der Rosinenforschung schrieb? Eisen entdeckte den Malariaerreger, führte die Avocado in Kalifornien ein und erwarb sich sogar kunsthistorische Meriten: er stellte unter anderem eine umfangreiche Glasperlensystematik, bis er sich in seinen Forschungen zum Heiligen Gral ein wenig verlor. Fasziniert erfahren wir, von welchen manchmal recht unglücklichen Zufällen Eisens bunter Lebensweg bestimmt wurde. Er schlug sich zeitweise als Farmer und Fotograf durch – und noch heute geht das Gerücht, dass die New Yorker Stadtverwaltung jedes Jahr den hochbetagten Eisen mit einer Limousine durch den Central Park fahren liess, damit er die Bäume auswählen konnte, an denen neue Nistkästen hängen sollten. Hochbetagt starb er 93jährig im Jahr 1940 in New York, Zeuge fast eines ganzen Jahrhunderts und bis in seine letzten Tage geistig äußerst rege. Über 50 Arten sind heute nach ihm benannt.
Sjöberg wird nicht müde, seinem Protagonisten und dessen Wegen und Erkenntnissen zu folgen: er folgt jeder noch so bizarren Volte in Eisens von zahllosen Passionen angefülltem Leben und zeigt so den zunächst vielleicht als verschrobenen Sammler erscheinenden Menschen als äußerst wachen, exzentrischen und zugleich wissberierigen Geist. Zugleich lässt er eine ganze Epoche aufleben, voller Umbrüche und Erkenntnisse in den Naturwissenschaften. Ein wunderbares Buch.
Startseite » Bücher » Der Rosinenkönig : von der bedingungslosen Hingabe an seltsame Passionen / Fredrik Sjöberg
*klick* – ein Eintrag mehr auf meiner Amazon-Wunschliste. Der Vorgänger hatte aber gar nicht so tolle Bewertungen dort, hab ich gesehen. Hast Du den auch gelesen?
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Nein, den Vorgänger „Die Fliegenfalle“ habe ich noch nicht gelesen. Kommt aber beim Perlentaucher bzw. der dort zittierten Frankfurter Rundschau ganz gut weg. Man muss wahrscheinlich Exzentriker mögen, um solche Bücher zu mögen … werde mir daher „Die Fliegenfalle“ auch mal merken.
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Toll, was Du immer alles so ausgräbst. Muss ich mir schon wieder notieren für später. Da kommt man ja gar nicht so schnell hinterher 😉
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Tja, tu ich alles nur für die Buch- und Medienjunkies … sitze aber auch zum Glück an der Quelle 🙂
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Das hat alles seine Vor- und Nachteile, wenn man an der Quelle sitzt, finde ich. Da muss man so oft selbst was kaufen, weil man sich einfach nicht beherrschen kann. Mir geht es jedenfalls so – aber vielleicht ist das ja krankhaft bei mir 😉
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Ich kanns ausleihen, das ist auch nicht schlecht 🙂
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Ich kann’s ja auch ausleihen, aber oft MUSS ich es HABEN 😉
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Geht mir ja auch so … aber sind dann eher die richtig, richtig schönen Kinderbücher wg begrenztem Familienbudget …
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