Baltimore, Maryland, USA. Die bedeutende Hafenstadt hat in den 80er Jahren eine der höchsten Mordraten in den Vereinigten Staaten. David Simon, Journalist und über etliche Jahre als Reporter auf der anderen Seite des Polizeiabsperrbandes, überredet im Jahr 1988 das örtliche Policedepartment, ein Jahr lang als Polizeipraktikant die Arbeit der Mordkommission begleiten und beobachten zu dürfen. Er begleitet eine Reihe von Ermittlern zu Tatorten, Obduktionen, Krankenhäusern, Ermittlungen, Vernehmungen, Verhaftungen und Prozessen, taucht tief in das Team ein, um schliesslich fast ein – wenn auch nicht polizeilich handelnder – Teil davon zu werden. Simon stellt die Polizisten uznd ihren Alltag in den Mittelpunkt, dokumemtiert ihe Arbeitsweise, ihre Strategien, Taktiken und Tricks, um Morde aufzuklären, die Fehler, die sie dabei machen, die Umwege, die sie gehen müssen, aber auch die Grenzen, die ihnen gesetzt sind und nicht selten dazu führen, dass ein Mord zwar aufgeklärt wird, vor Gericht aber mit einem Freuspruch endet.
„Plötzlich hatte ich Zugang zu einer Welt, die dieser fade Journalismus nie entdeckt, sofern er sie überhaupt sucht. Das waren keine Morde als Fixpunkt des Tagesgeschehens mehr. Ebenso wenig boten sie den Stoff für glasklare, perfekt dargebotene Moralstücke. Als der Sommer kam und in der Hitze von Baltimore die Zahl der Morde in die Höhe schnellte, wurde mir klar, dass ich in einer Art Fabrik gelandet war. Die Ermittlungen waren die reinste Fließbandarbeit. Hier, im Rust Belt Amerikas, in dem schon lange kaum noch Massenproduktion stattfand, war die Fabrikation von Kummer eine Wachstumsindustrie geworden“.
Dabei blickt der Autor auch hinter die harten Fassaden der Ernittler: er enthüllt hinter zynischen Witzen und rauhen Umgangstönen Menschen, die ein verzweifelter, nicht zu gewinnender und dennoch stets auf Neue zu führender Kampf gegen das Verbrechen hat Schutzmauern aufbauen lassen, um das Entsetzliche, was sie täglich sehen, nicht zu nahe an sich heranzulassen und daran zu verzweifeln ; Menschen, für die ein Opfer notwendigerweise ein Objekt, ein Spurenträger werden muss, und die dennoch mit Energie und oft bis an den Rand der Erschöpfung versuchen, jedes Verbrechen aufzuklären, und dabei ein fast schon verschworene Gemeinschaft bilden.
In Baltimore wurden während Simons Recherchejahr 274 Morde registriert. Sein Buch dokumentiert die dadurch ausgelöste Arbeit der Polizei, ihre Ergebnisse und deren nicht seltene Versandung in fragwürdigen Geschworenenprozessen und nimmt einige der in dieser Zeit behandelten, typisch erscheinden Fälle in den Focus. Gleichzeitig ist „Homicide“ ein äußerst kritisches Buch über die von Gewalt geprägte amerikanische Gesellschaft. Zu Recht wurde Simons Buch mehrfach ausgezeichnet und zählt, nicht nur aufgrund der davon beeinflußten Fernsehserien, mittlerweile zu den Klassikern des Genres.
Startseite » Bücher » Homicide: Ein Jahr auf mörderischen Strassen / David Simon
Hätte ich Homicide nicht schon gelesen, wäre ich jetzt aber schwer versucht. Was bin ich froh, dass „The Corner“ schon in meinem Regal steht. Wirst du das auch noch lesen?
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Schon bestellt 😉
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