
Zu unrecht steht dieser Klassiker der Bergsteigerlektüre im Schatten der Bücher, die über die Besteigungen kleinerer Berge wie des völlig überschätzten Mount Everest geschrieben wurden. Gelang doch Mitte der 1950er Jahre endlich in einer heroischen, groß angelegten britischen Expedition die Bezwingung dieses 40.000 Fuß hohen und damit höchsten Gipfels der Erde, ungeachtet aller Schwierigkeiten, die der zunächst überfordert erscheinende Expeditionsleiter mit den 3000 einheimischen Trägern, dem Koch und seinen fremdartigen Gerichten und dem zunächst seinen Aufgaben wenig gewachsen scheinenden Team aus sehr britischen Gentleman: „Binder“, so der Codename des Expeditionsführers, hat so seine Zweifel am ständig kranken Arzt, dmr motivationslose Gipfelstürmer, dem unfähig erscheinende Navigator, der einige Male verloren geht und schon den Ort der Vorbesprechung nicht findet und dem Übersetzer, der aufgrund einer sprachlichen Unsicherheit zunächst 30.000 statt 3.000 ‚yogistanische‘ Träger anheuert. Doch dann …
Halt. Zwar gibt es den Rumdoodle Peak, einen knapp 900 Meter hohen Berg in der Antarktis – aber er verdankt seinen Namen dieser 1956 erschienenen und im englischen Sprachraum seither mehrfach aufgelegten und mittlerweile nicht nur in Bergsteigerkreisen bekannten und beliebten Satire auf die in den 1950er Jahren sehr populären Bücher über bergsteigerische Großexpeditionen.
William E. Bowman zieht gekonnt alle Register, um die Berichte heroischer Gipfelangriffe durch den Kakao zu ziehen. Dem Roman ist anzumerken, dass Bowman sich gründlich mit seinem Thema beschäftigt hat: gezielt übertreibt er und macht aus einer Kette von Missgeschicken letztlich doch noch eine absurde Geschichte vom Gipfelerfolg. Der unfähige Expeditionsleiter, der stets meint, die Zügel in der Hand zu halten, obwohl sie ihm längst entglitten sind, steht dabei als Erzähler im Fokus.
Wer gerne Bergsteigerliteratur liest und auch den einen oder anderen Bericht über die mit gigantischem Aufwand betriebenen Erstbesteigungsexpeditionen der 1930er bis 1950er Jahre kennt, wird an dieser wunderbaren Parodie seine Freude haben und sich am Ende wünschen, dass es den im Buch beschriebenen Rum Doodle wirklich geben würde – denn eine absurdere, komischere Bergbesteigung lässt sich wohl kaum denken, eine Expedition, bei der etwa Champagner häufig benötigter Bestandteil der Reiseapotheke ist und sich jeder Proviantvorrat durch den einheimischen Koch in einen ungeniessbaren Brei verwandelt.
Das mit einem Vorwort von Bill Bryson versehene „lustigste Buch, das Sie jemals lesen werden“ (B.B.) ist in diesem Jahr erstmals und in schöner Ausstattung auf Deutsch erschienen und kann von mir nur wärmstens empfohlen werden.
Pingback: Catch 22 – Der böse Trick | Alles mit Links.
Danke für das Rebloggen und herzliche Gruesse aus dem Nahetal von Jarg auf „Bergwandertour“
LikeLike
Ich werde Mara mal ausnahmsweise nicht folgen. Mein Allerwertetster wird noch gebraucht. Ich habe das Buch in der bib vorbestellt. Ich freue mich schon!!
LikeLike
Ich wünsche Dir viel Spass damit! Unbedingt eine Flasche Champagner bereithalten – das ist bei der Lektüre dieses Buches ungemein passend und besser als Bissspuren im Sitzfleisch.
LikeLike
Gelesen und für so gut gefunden, dass ich es gleich kaufen musste, weil ich es noch verschenken will 🙂
Danke.
LikeLike
Gern geschehen!! Aus dem Nahetal von einer nicht ganz so spektakulärende Besteigungsexpedition grüsst herzlich Jarg
LikeLike
Ich hab’s mir grad letzte Woche bestellt und bin sehr gespannt!
LikeLike
Viel Spaß damit. Ma sehen, wie du es findest. Am besten vorher nochmal in irgendwelchen alten Großexpeditionsberichten schmökern und stöbern, dann macht es nochmal so viel Spaß.
LikeLike
Ich fand es ebenfalls großartig. „Nostalgia“ … „153“ … „Mehr Champagner….!“ Herrlich!
LikeLike
O ja, die 153. Wie könnte man die heldenhaften Großexpeditionsberichte vergangener Zeiten besser durch den Kakao ziehen als so.
Hoffen wir, dass Bowmans zweite, angeblich fast genauso gute Satire („The cruise of the talking fish“) auch den Weg ins Deutsche findet – darin macht er sich über die Kon Tiki lustig. Das ist zwar eines der Lieblingsbüchern meiner Jugend – schadet aber ja nichts 😉
Champagner!!
LikeLike
Bergsteiger-Romame sind in aller Regel eher nicht so meins, aber der klingt ganz stark nach solchen Gedanken, die mir bei diversen heldenhaften Bergsteigerberichten immer mache, bloss lustiger verarbeitet. Man kann ja leider nicht alles lesen, aber notiert wird das Buch dann doch, bei der Empfehlung. Schaun mer mal, wie der Teamchef zu sagen pflegte…
LikeLike
Bowman zieht Bergsteigerromane und Besteigungsberichte gnadenlos durch den Kakao. Und er muss sein Metier gekannt haben, denn seine Übertreibungen haben durchaus ihren wahren Kern, was es um so lustiger macht.
LikeLike
Lieber Jarg,
danke für diese herrliche Besprechung. Ich war auf das Buch bereits vor kurzem aufmerksam geworden, hatte mich dann aber für „Osama“ aus dem selben Verlag entschieden, da ich mir nicht sicher war, ob mir dieses Buch gefallen würde. Nun könnte ich mich in den Hintern beißen. 😉 Ich werde es mir aber auf alle Fälle sobald wie möglich besorgen und freue mich schon sehr darauf.
Danke, dass du diesen interessanten literarischen Schatz hier vorstellst. 🙂
Liebe Grüße
Mara
LikeLike
Liebe Mara,
das Buch war wirklich köstlich – ich kenne einige Bücher über die (hier satirisch verwerteten) Großexpeditionen auf Berge, in Dscgungel oder arktische Regionen und war wirklich sehr „amused“. Viel Spaß mit dem Buch wünnsche ich Dir.
Liebe Grüsse aus Hamburg von
Jarg
LikeLike
Wenn ich nur den Namen Bill Bryson lese bin ich da! 🙂 Bill Bryson hat das lustigste Buch über England geschrieben (Notes from a small island) und seine und deine Empfehlung werde ich folgen und mir das Buch zulegen. Vielen Dank für die efine Vorstellung, lieber Jarg.
Sonnige Grüße aus Cley in Norfolk ( 20 Minuten von Bill Brysons Wohnort entfernt)
Dina
LikeLike
Liebe Dina,
das ging (und geht) mir auch so mit Bryson. Ich sah das Buch in der Buchhandlung, war interessiert … und verloren und kaufwillig, als ich Bill Bryson auf dem Titelblatt erwähnt fand.
Viel Spaß mit der skurrilen Geschichte und sonnige Grüsse aus dem Brezelparadies wünscht Dir
Jarg
LikeLike
Pruuust, 3000 Träger und ein Koch : ) Musste schon bei deiner Empfehlung kichern, lieber Jarg, das klingt wirklich gut!
LikeLike
Es lohnt sich wirklich. „Very british“ und „really funny“ – kein Wunder, das Bryson es so warm empfiehlt.
LikeLike
Muss einmal mein Kompliment aussprechen. Am liebsten möchte ich mir sofort jedes Buch kaufen, das hier vorgestellt wird. Ich bin absoluter Fan von Jargs Blog!!
LikeLike
Oh, vielen, vielen Dank für die warmen Worte über Jargsblog! Das geht runter wie das sprichwörtliche Öl.
Herzlich grüsst Dich
Jarg
LikeLike