Flaggen sind allgegenwärtig: vor offiziellen Gebäuden, bei Staatsempfängen, im Vorgarten von Privathäusern, bei Demonstrationen, aber auch bei Kriegen und Gräueltaten. Sie stehen für Großmächte und Kleinstaaten, für Befreiungsbewegungen und supranationale Organisationen, aber auch für Terror, Hass und Gewalt wie etwa beim Daesh (IS), der mit seinem gewalttätigen Fundamentalismus nicht nur den nahen Osten entsetzt.
Tim Marshall, Journalist, Spezialist für Aussenpolitik und Autor des überaus lesenwerten Buches „Die Macht der Geographie“, in dem er den Einfluss topographischer Besonderheiten auf Geschichte und Gegenwart beleuchtet, zeigt in seinem aktuellen Buch, wie überaus mächtig Flaggen als politische Symbole auch heute noch sind. An etlichen Beispielen erläutert er ihre zum Teil kuriosen Geschichte, geht ihrer aktuellen Bedeutung nach und führt uns so nicht nur durch die Geschichte vieler Weltregionen, sondern auch in die Gegenwart, in der Flaggen zuweilen noch ebenso erbittert verteidigt oder angegriffen werden wie in früheren, blutigeren Zeiten.
Dabei spürt Marshall auch den verbindenden, Zusammenhalt herstellen Eigenschaften von Flaggen nach, geht auf ihre zum Teil nur Eingeweihten (oder Anhängern) bekannte Symbolik ein und macht deutlich, warum ihre Wirkung so emotional sein kann, dass sie unterhalb des kritischen Bewusstseins einsetzt und den Verstand zu benebeln vermag.
Kuriositäten wie die Bestattungsrituale für verschlissene amerikanische Flaggen oder ein nackt auf der peruanischen Landesflagge abgelichtetes Modell werden ebenso vorgestellt wie berühmte Augenblicke mit Flaggen. Der Umgang mit Flaggen ist dabei in den Ländern, für die sie stehen, durchaus unterschiedlich: während mancherorts hohe Strafen auf die Vernichtung oder vermeintliche Entehrung der Nationalflagge stehen, scheint in anderen Ländern zuweilen ein allzu herausgehobener Umgang mit der Landesflagge geradezu als vulgär zu gelten. Dabei macht Marshall auch Unterschiede zwischen den einzelnen Kontinenten sichtbar und verdeutlicht so auf plastische Landes- und Kontinentalgeschichte bis hin zur weltgeschichtlichen Dimension.
Marshall ist ein faszinierendes Buch gelungen, das trotz der aufgrund des weiten Themas erforderlichen Knappheit der Darstellung en passant auch so manchen Konflikt der Gegenwart und seine historischen Wurzeln streift. Ein mit leisem britischen Humor gewürztes, überaus spannendes Werk, das ich gern empfehle.
Marshall macht auch Unterschiede zwischen den einzelnen Kontinenten sichtbar und veranschaulicht so die Geschichte des Landes und der Kontinente bis hin zur weltgeschichtlichen Dimension. Das ist sehr interessant.
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Danke, dass du das erwähnst als ebenfalls sehr wesentlichen Aspekt des Buches.
Sonnige Grüße aus Hamburg von
Jarg
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