Bereits 2017 beschäftigte sich die promovierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin Finkelstein in ihrem Buch „Fahr Rad!“ mit dem Thema Fahrrad und nahm dabei besonders alltagspraktische Themen von der Auswahl bis zur Kleidung in den Fokus.
„Straßenkampf“ widmet sich nun den verkehrspolitischen Aspekten des Themas und damit sozusagen der dunklen Seite der Macht: engagiert und unter Bezugnahme auf zahlreiche aktuelle Statistiken, Daten und Fakten zeigt sie die strukturellen, das Auto massiv bevorzugenden Mängel Verkehrspolitik auf. Flächenverbrauch, Unfall- und Todeszahlen, die exorbitant hohen versteckten Kosten des Autoverkehrs nimmt sie dabei ebenso in den Fokus wie eine überwiegend an Symptomen herumdokternde Verkehrspolitik. Sie beleuchtet die Wahrnehmungsverschiebungen im Bezug auf Verantwortung und Sicherheit im Straßenverkehr, geht dem Mythos des Ramboradlers nach, wirft einen intensiven, ein düsteres Fazit ziehenden Blick in die Straßenverkehrsordnung und die Rechtsprechung. Auch die Stadtpanzer (SUV) und so manches technische Märchen („Toter Winkel“) sowie die extrem schlechte Auslastung privat betriebener Fahrzeuge sind Rhema.
Doch Finkelstein bleibt nicht in der Kritik stecken, sondern zeigt Lösungsvorschläge auf. Sie fordert mehr Know How bei den Verwaltungen und dafür unterstützende Forschung und Netzwerke, plädiert dafür, die anderen Partner im Umweltverbund mehr in die Verkehrsplanung einzubeziehen und auch die vernachlässigte Alternative Verkehrsinfrastruktur auf dem Land durch Investitionen zukunftsfähig zu machen: ausführlich geht sie dabei auch auf vorbildliche nationale und internationale Städte ein und betont die Wichtigkeit von Initiativen und Aktionen von der Critical Mass bis zum Parking Day. Mit einer Vision fasst sie am Ende die Quintessenz ihres Buches zusammen.
Kerstin E. Finkelstein ist ein hervorragendes Buch über die Verfehlungen der deutschen Verkehrspolitik und die Herausforderungen einer zeitgemäßen, nachhaltigen, gerechten und modernen Mobilität im urbanen und ländlichen Raum gelungen. Auch wenn sie das Fahrrad in den Fokus nimmt, ist der kundige Blick auf Mobilität in all ihren Facetten stets spürbar. Für alle, die sich für die Verkehrswende interessieren, eine wahre Fundgrube an Fakten – und ein Buch, das Mut macht, weiter zu kämpfen.
Lieber Jarg,
das wuerden wir hier in den USA erst recht brauchen. Verglichen mit der Situation in den USA und ganz besonders hier in Texas ist Deutschland (fast) ein Radlerparadies.
Liebe Gruesse, und bleib‘ gesund,
Pit
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Lieber Pit,
nach allem, was ich so weiß, stimmt das ganz sicher und die USA sind mir aus eigener Erinnerung an Reisen in den 1980er Jahren im amerikanischen Westen auch mehr als – sehr entspanntes – Autofahrerparadies in Erinnerung: als mein Vater damals in der Nähe des Gran Canxon zu schnell fuhr, lotste uns ein sehr freundlicher Sheriff mit Blaulicht auf den Standstreifen: „So, you’re from Germany. Ok, I’ll give you a Courtesy Ticket. Slow a little bit down, Sir!“. Nur Portland scheint anders zu sein: da würde ich gerne mal radeln und auch sonst mal gern sein.
Beste Gesundheit auch dir! Und liebe Grüße aus dem herbstlichen Hamburg
Jarg
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Ich bedaure immer, dass es entlang der Landstrassen keine (so schoenen) Radwege gibt wie in Deutschland, aber andererseits sind natuerlich die weiten Entfernungen schon ein Problem. Nicht Viele wuerden diese Radwege nutzen. Aber im naeheren Umkreis von Staedten und in Ballungsgebieten koennte man schon wesentlich mehr tun.
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Ja, die Entfernungen sind schon extrem. Aber schön wäre es schon, die amerikanischen Weiten in sicherem Abstand zu Autos erkunden zu können. Aber wer weiss: hier war das Fahrrad ja auch eine ganze Weile in der Verkehrsplanung gar nicht existent. Immerhin ändert sich das langsam. Für mich zu langsam (wenn Hamburg Fahrradstadt ist, bin ich bestimmt 90), aber immerhin.
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