August 1870. Ein Dorf in der Dordogne. Markttag. Es ist heiss, und die Bauern freuen sich auf die Mittagszeit, auf Trinken, Essen, Spielen und Tanzen im Wirtshaus. Alain de Moneys, ein junger Adliger aus der Umgebung, kommt in den Ort und wird wegen der öffentlichen Äusserungen seines Cousins zur Rede gestellt, der Preußen und die Republik gelobt haben soll. Moneys, der die aufgereizte Stimmung der Bauern spürt, streitet die Aussagen seines Cousins ab. Über hundert Menschen umringen ihn, es kommt zur Gewalt. Am Nachmittag ist er tot, gemeinschaftlich erschlagen und auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Schnell verbreiten sich Gerüchte, dass man ihn sogar verspeisen wollte.
Der französische Historiker Alain Corbin rekonstruiert anhand dieses historischen Kriminalfalls – ein archaisch anmutendes, in der Gemeinsschaft ausgeführtes Massaker – die politische Kultur, die durch alte Feindschaften und Abhängigkeiten gekennzeichneten Lebensbedingungen und die Ängste der Landbevölkerung vor einer Rückkehr der Macht des Adels. Er zeichnet dabei einen Teil der Motive nach, die dazu führten, das sich auf Alain de Moneys der Hass der Bauern fokussieren konnte. Spannend zu lesende Analyse, die ein archaisch anmutendes Verbrechen zu analysieren versucht.
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