USA, Texas. Eine Farm mit einfachsten Lebensbedingungen. Lily Casey ist eigensinnig, neugierig und hart im Nehmen, fürchtet weder Klapperschlangen noch Skorpione und hilft früh ihrem Vater beim Zureiten der Kutschpferde, mit deren Verkauf die Familie ihr Geld verdient. Sie rettet mit zehn ihre beiden Geschwister vor einer Flutwelle in eine Pappel, in der sie die ganze Nacht überstehen müssen. Sie behauptet sich gegen ihre gläubige Muter und geht nicht den Weg der meisten Frauen jener Zeit in die Ehe, sondern sattelt mit fünfzehn Jahren ihr Pferd und zieht mit Revolver in der Tasche los, um Aushilfslehrerin zu werden. Sie zieht von Schule zu Schule, um mit Leidenschaft zu unterrichten, lässt sich weder von herrschsüchtigen Sheriffs noch von fundamentalistischen Mormonen einschüchtern. Sie landet in Chicago, verdient sich ihre Lehrerausbildung mit Dienstmädchentätigkeiten. Mit ihrem zweiten Mann Jim Smith verwaltet sie tatkräftig, furchtlos und erfolgreich über viele Jahre eine Ranch in Arizona und bekommt zwei Kinder. Nie ist sie um Ideen verlegen, ihrer Familie auch in der Dürrekatastrophe und der großen Depression das Einkommen zu sichern – und wenn es mit Pokern ist oder einem Taxiservice mit Hilfe eines alten Leichenwagens. Nebenbei lernt sie noch fliegen.
Jeanette Walls ist nach „Schloss aus Glas“ ein wunderbar dichtes, halb fiktionales, halb biografisches Porträt ihrer Großmutter Lily Casey Smith gelungen, einer unerschrockenen, tatkräftigen und äußerst willensstarken – eben ungezähmten – Frau. Es ist zugleich ein tiefer Einblick in das harte und sich im 20. Jahrhundert drastisch verändernde Leben in der amerikanischen Provinz, erzählt über einen Zeitraum vom Ersten Weltkrieg über die große Dürre, die Weltwirtschaftskrise, den zweiten Weltkrieg bis tief in die fünfziger Jahre. Walls lässt ihre Großmutter selbst erzählen in einer einfachen, direkten Sprache. Ihr gelingt es, die Kraft dieser bemerkenswerten Frau zwischen den Zeilen spürbar zu machen, die sich gegen alle Widerstände einen eigenen Weg durchs Leben sucht getreu dem Motto ihres Vaters“ Hoffe das Beste und rechne mit dem Schlimmsten“. Eine fesselnde Geschichte, spanndend, faszinierend, zuweilen witzig und unerhört lebendig.
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