Alex hat mit elf Jahren seine Eltern bei einem Unfall verloren und kehrt mit 23 Jahren aus England in sein Geburtstädtchen Wellington Point zurück, ein tasmanisches Provinznest: im Umland der Stadt will er – begeistert von der atemberaubend schönen meeresnahen Landschaft und trotz mangelnder Kenntnisse – die heruntergekommene Farm seiner Eltern allein übernehmen. Ausser der Farm findet er nur im Bau von Flaschenschiffen Erfüllung und gilt sonst als Aussenseiter und Sonderling. Wenige Jahre später begegnet er der acht Jahre jüngeren Merridy: zusammen mit ihrer Mutter und ihrem sterbenskranken Vater ist sie nach Wellington gekommen. Merridys Leben ist von einem tragischen Verlust überschattet, den sie seit fünfzehn Jahren aus ihrem Leben verdrängt.
Alex und Merridy, beide von tragischen Ereignissen geprägt, finden zueinander und heiraten bald, doch ihr Kinderwunsch bleibt über viele Jahre unerfüllt. Alex baut trotz Rückschlägen die Farm weiter auf und Merridy sucht sich mit der Austernzucht mühdam, doch letztlich erfolgreicheine eigene Aufgabe. Doch eines Tages kommt unvermittelt ein schwerer Sturm, und ein Schiff kentert vor der Küste. Alex und Merridy retten einen schiffbrüchigen jungen Mann – und ihr Leben verändert sich in kurzer Zeit dramatisch.
Nicholas Shakespeare ist es gelungen, aus einem Stoff, der leicht in kolportagehafte Geschichten münden kann, einen beeindruckenden und psychologisch überzeugenden Roman zu formen. Er führt seine Protagonisten, den Ort der Handlung, die Nebenfiguren und die Kleinstadt-Atmosphäre (wunderbar: die differenzierten Charaktere der Einwohner) sorgfältig und ohne Hast ein. Alex und Merridys Leben wird über viele Jahre begleitet, ohne das es weitschweifig wird. Vor dem Hintergrund einer landschaftlich beeindruckenden und plastisch geschilderten Szenerie entwickelt sich so das Glück und auch das Drama von Alex und Merridy, bis es einen Wendepunkt findet in der Rettung des schiffbrüchigen Jungen, zu dem sie beide – verlustgeprägt – ein jeweils ganz besonderes Verhältnis entwickeln. Folgt der Leser bis dahin gebannt dem gewundenen, doch halbwegs stetigen Lebensweg der beiden Hauptfiguren, findet „Sturm“ ab diesem Punkt eine dramatische, fesselnd und packend dargestellte Entwicklung, die beider Leben zu zerreissen droht.
Ein warmherziges, sprachlich ungemein schönes Buch über zwei von tragischen Verlusten gezeichnete Menschen, über die verschlungenen Wege der Liebe und der Lebens vor dem Hintergrund der meernahen und schönen tasmanischen Provinz. Wenn noch eines für Qualität stehen mag: der Mare-Verlag, der für eine Übertragung dieses Buches ins Deutsche gesorgt hat.
Danke nochmal an Virginia Hübscher von Private Readers für den Buchtipp
Startseite » Bücher » Sturm / Nicholas Shakespeare