New York, 1980. Liz Murray wird ein Jahr nach ihrer Schwester Lisa geboren. Beide Eltern sind zu diesem Zeitpunkt bereits stark drogenabhängig und abhängig von der Sozialhilfe. Die Drogensucht der Eltern bestimmt den Alltag der beiden Mädchen: ein Großteil der Sozialhilfe wird bereits am Monatsanfang in Kokain und Alkohol investiert. Liz und ihre Schwester erleben nicht nur hautnah den Drogenalltag mit: beide Kinder werden stark vernachlässigt und die Familie verelendet zusehends. Liz – noch nicht Teenager – schwänzt bald mehr und mehr die Schule, treibt sich mit anderen Kids auf der Strasse herum und versucht bereits mit 9 Jahren, Geld zu verdienen um die Familie finanziell unterstützen zu können. Psychische Erkrankungen ihrer Mutter Jean erfordern immer wieder den Aufenthalt in Kliniken, aus denen sie für kurze Zeit clean zurücklehrt, um wenige Wochen darauf wieder im Drogensumpf abzurutschen. Als feststeht, dass Jean HIV-positiv ist, rutscht Liz mit 15 Jahren in die Obdachlosigkeit ab. Erst der Tod ihrer Mutter wird zum Wendepunkt: trotz ihrer Obdachlosigkeit und unter schwierigsten Rahmenbedingungen schafft es Liz, aus dem Elend auszubrechen und nicht nur den Highschoolabschluss nachzuholen, sondern auch ein Stipendium für die Harvard University zu bekommen. Mit 29 Jahren macht sie dort ihren Abschluss.
Liz Murray hat mir ihrer Biografie ein bemerkenswertes Buch geschrieben, tief bewegend und trotz allen Elends mit leisem Humor ihre erstaunliche Lebensgeschichte beschreibt. Beeindruckt spürt man zwischen den Zeilen die Kraft dieser Frau, die bereits als kleines Mädchen und Teenager unsägliches Elend mitansehen und erfahren musste, aber trotzdem aus dem wenigen, was ihre Eltern ihr an Liebe geben konnten, genug Kraft schöpfte, um einen anderen Weg einschlagen zu können. Das Buch ist wohltuend unamerikanisch und unsentimental geschrieben und geht einem trotzdem – oder vielleicht gerade wegen der Drastik und Ehrlichkeit ihrer Schilderungen – sehr zu Herzen.
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